Professionelles Options-Trading - Teil 4: Effizientes Hedgen mit der Airbag-Strategie

Professionelles Options-Trading - Teil 4: Effizientes Hedgen mit der Airbag-Strategie

Bei der am häufigsten angewandten Methode des Hedgens kauft der Depotinhaber Puts auf den Aktienindex, der den Markt repräsentiert. Im Vergleich zu anderen Optionen zeigt sich aufgrund der daraus resultierenden Übernachfrage nach solchen Puts, dass die Preise dieser Kontrakte unverhältnismäßig hoch sind, was den Hedge teuer macht. Gefragt sind daher „intelligentere“ Versionen des Hedgens. Diese bieten die Produkte des „VIX-Universums“ – also solche, die direkt auf der Volatilität beruhen.
 

Der überwiegende Teil von Anlegerdepots in aller Welt wird stark dominiert von Long-Positionen im Aktienmarkt. Diese Depots sind ständig dem Crash-Risiko des Marktes ausgesetzt, von dem jeder weiß, dass das nächste Auftreten nur eine Frage der Zeit ist, aber niemand wirklich den Zeitpunkt oder das Ausmaß vorhersagen kann. Professionelle Anleger versuchen deshalb, mittels geeigneter Produkte ihr Portfolio zu schützen (hedgen). Die Idee dabei ist, dass die Hedge-Position stark an Wert gewinnt, wenn das aktienmarktbasierte Portfolio in einer Korrektur stark nachgibt. In diesem Artikel schauen wir uns eine Möglichkeit an, dies auf Basis des Volatilitätsindex VIX umzusetzen.

Der Volatilitätsindex

VIX Der VIX wird in Echtzeit aus den Optionen auf den S&P 500 (aus dem Geld liegende Puts und Calls) berechnet. Der langfristige Zusammenhang ist dabei, dass fallende und stark volatile Märkte hohe Optionspreise bewirken – wiederum resultierend in einem hohen VIX. Beruhigt sich der Markt wieder, so nimmt der VIX graduell wieder ab. Auf den VIX, der selbst nicht handelbar ist, gibt es Produkte, die es ermöglichen die Volatilität direkt zu handeln: 
• VIX-Futures: Cash-Abrechnung zum VIX per Verfallszeitpunkt 
• VIX-Optionen: Europäische Ausübungsart (Abrechnung nur zum Verfallszeitpunkt, Pricing de facto auf Futures-Basis)
Daneben gibt es noch eine ganze Reihe Tracker-ETFs (long, short, auch mit Hebel) und Optionen auf diese. In diesem Beitrag wird eine von mehreren möglichen Strategien vorgestellt, wie mit VIX-Optionen eine Hedge-Position aufgebaut werden kann, welche ein bullisches Aktienmarktportfolio (Aktien, Sektor-ETFs, Indizes) wirkungsvoll schützen kann. Das Kriterium dabei lautet: In ruhigen Marktphasen – während das bullische Portfolio seinen Dienst verrichten soll – verursacht die Hedge-Position möglichst geringe Kosten. Kommt aber die Korrektur, so soll die Position wie ein „Airbag“ expandieren und so Wertverluste des Depots ausgleichen beziehungsweise abfedern.

B1) S&P 500 und VIX-Historie
Dargestellt ist die negative Korrelation des VIX zum breiten Markt im Jahr 2015.

B2) Forward-Kurven VIX-Futures
Die Grafik zeigt den Verlauf der Forward-Kurven für einen ruhigen Markt (blaue Linie) und eine Korrektur (orange Linie) sowie die entsprechenden Werte des VIX (dargestellt als Punkte).

Einfache Hedging-Strategien mit VIX-Produkten

Wie verhalten sich nun die VIX-Futures? In ruhigen Marktphasen sind die Futures immer teurer als der Index. Es gilt: Je länger die Laufzeit, umso teurer sind sie. Kommt die Marktkorrektur, explodieren der VIX und die Futures förmlich. Ist man „Long Volatilität“, so stellt sich der gewünschte Airbag-Effekt ein. Bleibt der Markt konstant, so driften die Futures langsam nach unten in Richtung des Index-Preises. Die in Bild 2 gezeigte Forward-Kurve ist ein Snapshot aller Futures-Preise zu einem Zeitpunkt. Bei gleichbleibendem Markt steht ein länger laufender Future nach einem Monat theoretisch dort, wo heute sein kürzerlaufender Nachbar steht (weiter links auf der Kurve). Geht man also einfach mit dem Future long (auch eine einfache Methode des Hedgens), so verliert man sukzessiv Geld; wie sich gezeigt hat, sind die Kosten eines solchen Hedges recht hoch.

Trade-Ansatz mit Optionen: Risk Reversal für Debit

Aus diesem Grunde bietet sich ein Options-Trade an, der möglichst viel der Airbag-Funktion mitmacht, aber möglichst wenig der Abwärtsbewegung des VIX. Genau das liefert die sogenannte Risk-Reversal-Strategie. In TRADERS´ 08/2015 (auch im Shop unter www.traders-media.de erhältlich) wurde das Grundprinzip dieser Strategie – anzuwenden auf „konventionelle“ Basiswerte wie Aktien, Indizes, Rohstoffe und so weiter – schon ausführlich beschrieben. Beim Thema VIX bekommt dieser Trade nun einen etwas anderen Charakter. Im Bewusstsein, dass es ein „Funktions-Trade“ zum Zwecke des Portfolioschutzes ist (und nicht zur Profitmaximierung), wird er etwas anders aufgesetzt. Wir müssen – aufgrund der Preisstruktur der VIX-Optionen – einen etwas teureren Call-Kontrakt kaufen und können nur einen Teil des Geldes durch den Put wieder einnehmen. Wir haben also eine kleine Geldausgabe. Das ist bedingt durch die Optionspreisstruktur (Skew). Aufgrund der bedeutend stärkeren potenziellen Aufwärtsbewegung unseres Trades – die wir für die Airbag-Wirkung brauchen– und des typischerweise vergleichsweise langsamen Abwärtsdrifts im ruhigen Markt, hat der Risk Reversal Vorteile gegenüber dem Direktinvestment beispielsweise in einen VIX-Future. Verstärkt wird die positive Wirkung vom Anstieg der „Volatilität der Volatilität“ – unsere gekaufte Option wird bei einem Anstieg der impliziten Volatilität extra teuer.

B3) VIX Hedge Trades und S&P 500
In Bild 3 sehen Sie einen Trade im ruhigen Markt, der ein kleines Minus gebracht hat und einen Trade, der als Hedge bei der August-Korrektur wirksam wurde.

Kontraktauswahl: Die Laufzeit

Die beste Preisbewegung der VIX-Futures und -Optionen nach oben bei einer Marktkorrektur haben diejenigen mit kürzeren Laufzeiten. Andererseits kommt es in einem ruhigen Markt in den letzten ein bis zwei Wochen vor Verfall zu einer Beschleunigung des Abwärtsdrift des Futures und einer entsprechenden Reaktion der Optionspreise – was für unsere Position von Nachteil ist, da der Put schneller ins Geld läuft. Daher ist die Auswahl der richtigen Restlaufzeit für eine wirtschaftliche Hedging-Position wichtig. Erfahrungsgemäß ist eine Restlaufzeit von vier bis acht Wochen sinnvoll bei Glattstellung/ Rollen vor Verfall.

Kontraktauswahl: Die Ausübungspreise

Wie immer gilt es, die richtigen Ausübungspreise und Restlaufzeiten der Optionen zu wählen. Die Anforderung ist hier: Möglichst gute Schutzwirkung für das Portfolio während der Laufzeit – sprich, starker Wertzuwachs zusammen mit dem Anstieg der impliziten Volatilitäten auf dem Optionsmarkt – bei gleichzeitig geringen Kosten für den Fall, dass der Markt ruhig bleibt und die Schutzwirkung nicht gebraucht wird. Es hat sich bewährt, den Trade wie folgt aufzusetzen:
• Long Call etwas im Geld 
• Short Put aus dem Geld (so, dass eine kleine Netto-Prämienausgabe von maximal rund 0,60 US-Dollar entsteht, multipliziert mit dem Bezugsverhältnis pro Kontrakt-Paar 

Hintergrund des Setups: Die eigentliche „Arbeit“ des Portfolioschutzes soll der Long Call übernehmen. Aber wir lassen uns einen Teil der Kosten vom Markt bezahlen (Short Put). Idealerweise gerät unser Short Put bei anhaltend ruhigem Markt gerade ans Geld, wenn er verfällt (wir beabsichtigen, ihn vorher günstig zurückzukaufen). Der Basispreis sollte sich deshalb am kürzesten laufenden (oder am soeben verfallenen) Future orientieren. Bei einem ruhigen Markt liegt dessen Preis tiefer als der mit unseren Optionen korrespondierende, länger laufende Future; dieser würde während der Haltezeit bis dorthin an Wert abgeben, sofern der Markt ruhig bleibt. Der Strike des Calls wird rund zwei bis vier US-Dollar oberhalb des VIX-Futures gleicher Laufzeit gewählt; die zu bezahlende Nettoprämie sollte nicht zu hoch ausfallen. Wirtschaftlich wird dieser Hedge-Trade, wenn die VIX-Optionen nicht zu teuer sind. Wir steigen deshalb in einem ruhigen Markt ein; der VVIX, ein Indikator für das Preisniveau der VIX-Optionen (also die Volatilität der Volatilität), sollte nicht über rund 85 Punkten liegen. Der VIX wiederum sollte in der unteren Hälfte seiner aktuellen Range (ruhiger Markt) liegen. Bleibt der Markt ruhig und der VIX etwa gleich, wird der Long Call gegen Null tendieren, während der Short Put eine kleine Prämienabnahme zu verzeichnen hat. Das ungünstigste Szenario ergibt sich, wenn der VIX stark nachgibt und Ihr Short Put ins Geld geht. Sie haben dann zwar immer noch den besseren Trade gegenüber demjenigen, der einen VIX-Future gekauft hat, aber Ihr Minus ist dann etwas höher als die Prämienausgabe. Als Zusatzchance können Sie im Falle eines kurzen Vola-Spikes Ihren Put auch vorzeitig günstig zurückkaufen und einen kleinen Gewinn realisieren; damit haben Sie eine Hedge-Verbilligung sicher und sind fortan gegen einen VIX-Kollaps sicher. In Bild 3 sehen Sie einen Trade im ruhigen Markt, der ein kleines Minus gebracht hat, und einen Trade, der als Hedge bei der jüngsten Korrektur wirksam wurde.

Strategie Snapshot

 

Wichtige Begriffe

Beispiel ruhiger Markt

Einstieg: 10.04.2015
Mai-Optionen
Put Strike: 14
Call Strike: 17
Kosten: 0,55 US-Dollar je Kontrakt-Paar
Ausstieg: 08.05.2015
Verlust: 0,70 US-Dollar je Kontakt-Paar

In diesem Beispiel brachte der Hedge einen kleinen Verlust, da der Markt ruhig blieb und es zu keiner ausgedehnten Korrektur kam. Dies ist ganz ähnlich wie bei einer Versicherung, die man nicht in Anspruch nimmt, weil es zu keinem „Schadensfall“ gekommen ist.

Beispiel Korrektur August

Einstieg: 31.07.2015 September-Optionen
Put Strike: 14
Call Strike: 17
Kosten: 0,60 US-Dollar je Kontrakt-Paar
Ausstieg: 28.08.2015
Gewinn: 7,20 US-Dollar je Kontrakt-Paar

Die Marktkorrektur im August 2015 betrug rund zwölf Prozent auf Schlusskursbasis. Gerechnet bis 28.08.2015, also schon wieder auf Erholungskurs, waren es zirka neun Prozent. Man sieht den explosiven Preisanstieg der Position bei der Marktkorrektur – verstärkt durch den Anstieg der „Vola auf die Vola“. Die Hedge-Wirkung dieses Trades war 7,20 US-Dollar / 12 Prozent x 100 (Bezugsverhältnis) = 6000 US-Dollar. Bei der Korrektur im Oktober 2014 waren es etwa 6500 US-Dollar. Ein Portfolio auf den S&P 500 dieser Größe wäre abgesichert gewesen. Ein eher konservativer – kleinerer – Wert wird für Risiko- und Money Management empfohlen.

 

Ausstiegskriterien

Bleibt der Markt ruhig, so müssen Sie rechtzeitig vor Verfall glattstellen, da sich der Preisrückgang des relevanten Futures beschleunigt. Die Regel des Autors lautet: Für jeden Tag Restlaufzeit dürfen nicht mehr als 15 Cent Differenz des Futures zum tieferliegenden VIX vorhanden sein, ansonsten wird glattgestellt. Beispiel: Sind es noch zehn Tage bis Verfall unserer Optionen, so sollte dieser zum selben Zeitpunkt verfallende VIX-Future nicht mehr als 1,50 US-Dollar teurer sein als der VIX. Eine Woche vor Verfall wird im ruhigen Markt in jedem Fall glattgestellt. Im Falle einer Marktkorrektur sollten wir uns bei der Entscheidung, den Hedge mit Gewinn glattzustellen, am breiten Markt orientieren. Wenn dieser sich erholt, ist es wichtig nicht zu lange zu warten, da sich die hohen Preise der VIX-Produkte schnell wieder zurückbilden. Der Autor stellt typischerweise am Ende eines zweiten Handelstages mit dezidierten Erholungssignalen glatt.

Fazit

Denken Sie immer bei der Glattstellung Ihres Hedges in der Erholung auch an Ihre sonstigen Positionen, die dann ungeschützt wären. Gegebenenfalls ist dies ein guter Zeitpunkt für Umschichtungen. Sie haben sich durch einen klugen Hedge Trade Manövrierraum geschaffen und in eine deutlich bessere Position gebracht, aus der Sie die nächste Marktphase angehen können.
 

Ein Artikel von Dipl.-Ing. Olaf C. Lieser. Wir danken traders-mag.com für die Zusammenarbeit.

 

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