Das 1x1 der Aktienmarkt-Hochs So erkennen Sie, wann die Hausse endet

Das 1x1 der Aktienmarkt-Hochs So erkennen Sie, wann die Hausse endet

Angesichts der nunmehr fast fünfjährigen Aktienmarkt-Rallye und neuer Allzeithochs stehen viele Marktteilnehmer vor der Frage, wann es zu einem Top bei DAX & Co. kommt. Schließlich möchte jeder in der Nähe des Hochs aussteigen und seine Gewinne sichern, bevor es wieder abwärts geht. Was im Nachhinein immer einfach aussieht, erweist sich in der Praxis als große Herausforderung. Eine systematische Analyse aus unterschiedlichen Blickwinkeln kann hierbei wertvolle Dienste leisten. Unsere Titelgeschichte zeigt, wie solch ein Analyseprozess aussehen kann und welche Schlussfolgerungen die Betrachtung historischer Top-Bildungen bietet.

» Die Außenansicht: Trend- und Kursmusteranalyse 

Die Technische Analyse offeriert eine breite Palette unterschiedlicher Werkzeuge, mit denen Trendwechsel – und damit auch Aktienmarkttops – frühzeitig identifiziert werden können. Bild 1 zeigt mehrere Top-Bildungen aus der Vergangenheit. Hierbei ist klar zu erkennen, dass der zunächst intakte Aufwärtstrend, also eine Serie höherer Hochs und höherer Tiefs sowie steigender 50-Wochendurchschnitte, schrittweise an Momentum verliert und allmählich Schwäche zu zeigen beginnt. Das Unterschreiten der langfristigen Glättungslinie ist ein erstes Warnsignal. Bestätigt wird dies, sobald das letzte Tief unterschritten wird. Sehr häufig kommt es in diesem Zusammenhang zur Ausbildung einer M- oder der Schulter-Kopf-Schulter-Formation*. Mit einer gewissen Verzögerung dreht dann die Glättungslinie nach unten, was endgültig als Beginn des Bärenmarktes zu deuten ist. Erholungen korrektiver Natur scheitern anschließend häufig im Bereich der 50-Wochen-Linie – ein Beleg dafür, dass Durchschnittslinien dieser Art von vielen Marktteilnehmern beachtet werden. 

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B1) Verschiedene Bullenmarkt-Hochs mit 50-Wochen-Linie im Überblick
Der Übergang von einem Bullen- in einen Bärenmarkt lässt sich mithilfe der technischen Trend- und Formationsanalyse bestimmen. Selbst einfache Tools wie die 50-Wochen-Durchschnittslinie leisten wertvolle Dienste. 
Hierbei sollte insbesondere die Steigungsrichtung der Glättungslinie als übergeordneter Filter dienen. 

Sentiment liefert Zusatzinformationen 

Weitere Informationen zum Zustand des Aktienmarktes liefert die Stimmung der Marktteilnehmer, das sogenannte „Sentiment“. Zur Analyse stehen auch hier zahlreiche Indikatoren zur Verfügung, die aus Umfragen unterschiedlicher Akteure sowie den tatsächlichen Positionierungen am Terminmarkt erstellt werden. Da eine vollständige Besprechung an dieser Stelle den Rahmen sprengen würde, soll exemplarisch anhand des AAII-Sentiments dargestellt werden, welchen Mehrwert eine solche Analyse liefern kann. Diese unter privaten Anlegern in den USA durchgeführte Umfrage liefert auf Wochenbasis den Anteil der bullisch, neutral und bärisch eingestellten Investoren. Extreme Positionierungen im Bullen- oder Bärenlager sind dabei als Kontraindikator zu werten. 
Bild 2 zeigt die Top-Bildung des S&P 500 im Jahr 1999/2000 sowie den Bull-Bear-Spread, der die Differenz zwischen den Bullen und Bären darstellt. Gleich in der ersten Woche des Jahres 2000 erreichte der Anteil der Bullen mit 75 Prozent den höchsten jemals gemessen Wert. Der Bull-Bear-Spread notierte zu diesem Zeitpunkt bereits über Wochen hinweg auf einem hohen Niveau, was als klares Anzeichen von Masseneuphorie zu werten war. Der anschließende Ausbruch des S&P 500 auf ein neues Rekordhoch im März 2000 entpuppte sich interessanterweise als Fehlausbruch und es folgte eine volatile Seitwärtsbewegung. Bis zum eigentlichen Startpunkt des zweijährigen Bärenmarktes vergingen allerdings noch fast sechs Monate. Dies bestätigt, dass eine Top-Bildung am Aktienmarkt im Gegensatz zu den Rohstoffmärkten eher langsam erfolgt – Zeit genug also für Investoren, sich Schritt für Schritt von ihren Long-Positionen zu trennen beziehungsweise Absicherungen vorzunehmen. Die Palette der Indikatoren zur Messung der Anlegerstimmung umfasst auch die Höhe der Margin-Verschuldung (NYSE Margin Debt) oder Volatilitätsindizes wie VIX oder VDAX. Beide Instrumente liefern Informationen zur Stimmung der Marktteilnehmer und ergänzen das Analysebild.

Intermarket-Analyse: In welchem Stadium befindet sich der Markt? 

Seit 1850 durchlief die US-Wirtschaft insgesamt 33 Zyklen mit einer durchschnittlichen Dauer von vier bis fünf Jahren. Dieser Konjunkturzyklus hat einen zentralen Einfluss auf die Wechselbeziehungen zwischen Aktien, Anleihen und Rohstoffen. Ein vollständiger Zyklus der drei Asset-Klassen durchläuft insgesamt sechs Phasen. Der Zustand der jeweiligen Asset-Klassen erlaubt eine Zuordnung der Phase innerhalb des Konjunkturzyklus und damit auch einen frühzeitigen Hinweis auf die bevorstehende Top-Bildung am Aktienmarkt, die in der fünften Phase stattfindet. 
Bild 3 zeigt die idealtypische Sequenz der Hochs und Tiefs aller drei Märkte. Im Normalfall bildet zunächst der Anleihemarkt ein Top aus, es folgt der Aktienmarkt und zum Schluss der Rohstoffmarkt. Da kein Zyklus dem anderen zu 100 Prozent gleicht und hin und wieder Abweichungen vom typischen Verlauf auftreten, empfiehlt sich stets eine graduelle Anpassung der Positionen. Zur einfachen und systematischen Festlegung des jeweiligen Trendzustands der drei Märkte schlägt Martin Pring ein einfaches Tool vor: Man nehme jeweils einen Index oder ETF für den Anleihe-, Aktien- und Rohstoffmarkt und lege einen Gleitenden 12-Monats-Durchschnitt (GD) an. Notiert der jeweilige Markt per Monatsschlusskurs über dem GD, ist dies als Aufwärtstrend zu deuten. Im umgekehrten Fall liegt ein Bärenmarkt vor. 

B2) S&P 500 und AAII-Bull-Bear-Spread 1999/2000
Während der Jahrtausendwende erreichte die Euphorie unter den privaten Anlegern (grüne Balken = Bull-
Bear-Spread) über mehrere Wochen hinweg Rekordwerte. Der Bull-Bear-Spread war damit als Kontraindikator
zu werten. Nach dem Fehlausbruch im März 2000 und dem erfolglosen zweiten Versuch Anfang
September begann ein zweijähriger Bärenmarkt. Während der Bodenbildung 2002/03 trübte sich der Bull-
Bear-Spread wiederum massiv ein, was sentimenttechnisch als Kapitulation zu werten war.

 

B2) S&P 500 und AAII-Bull-Bear-Spread 1999/2000
Während der Jahrtausendwende erreichte die Euphorie unter den privaten Anlegern (grüne Balken = Bull-Bear-Spread) über mehrere Wochen hinweg Rekordwerte. Der Bull-Bear-Spread war damit als Kontraindikator zu werten. Nach dem Fehlausbruch im März 2000 und dem erfolglosen zweiten Versuch Anfang September begann ein zweijähriger Bärenmarkt. Während der Bodenbildung 2002/03 trübte sich der Bull-Bear-Spread wiederum massiv ein, was sentimenttechnisch als Kapitulation zu werten war.

Sektorrotation 

Noch genauere Informationen liefert der Blick auf die Performance der Sektoren des Aktienmarktes, die innerhalb der sechs Phasen ebenfalls mit hoher Regelmäßigkeit bestimmten Mustern folgen. So übernehmen meist die Energiewerte zum Ende einer wirtschaftlichen Expansionsphase die Führungsrolle am Aktienmarkt. Dies ist hauptsächlich auf die steigenden Energiepreise und den daraus resultierenden Inflationsdruck zurückzuführen, der wiederum die Notenbanken auf den Plan ruft. Die dann folgenden Zinserhöhungen wirken sich mit einer Zeitverzögerung dämpfend auf die Konjunkturentwicklung aus, sodass es zu einer Abschwächung oder gar zu einer Rezession kommt. Sobald also die Führungsposition von den Energie- auf defensive Branchen wie Konsumwerte übergeht, sollten bei jedem Aktieninvestor die Alarmglocken läuten. Dann ist mit einer Trendwende am Aktienmarkt und einer nachfolgenden Kontraktion der Gesamtwirtschaft zu rechnen. 
Die Top-Bildung am Aktienmarkt im Jahr 2007/08 folgte diesem Muster: Der frühzyklische Finanz- und der zyklische Konsumsektor bildeten bereits im Mai beziehungsweise Juli 2007 ihre Hochs aus, während der S&P 500 seine Trendwende erst im Oktober 2007 vollzog. Der Energiesektor als klassischer „Spätzünder“ stieg noch mehrere Monate an, bis auch er schließlich Ende Mai 2008 nach unten kippte. 
Eine einfache Möglichkeit, die Informationen aus der Sektorrotation zur Identifikation einer Top-Bildung zu nutzen, ist die Betrachtung der Ratio zwischen zyklischen und defensiven Konsumaktien. Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die zyklischen Werte sowohl Hoch- als auch Tiefpunkte der wirtschaftlichen Aktivität am schnellsten antizipieren. Ein steigender Gesamtmarkt sollte konsequenterweise von einer Relativen Stärke zyklischer Aktien angetrieben werden. Mögliche Divergenzen zwischen der Ratio und dem Gesamtmarkt liefern gute Hinweise auf eine potenzielle Trendwende.

B3) 6-Phasen-Modell nach Martin Pring
Das Modell zeigt die idealtypischen Wendepunkte aller Asset-Klassen. Im unteren Bereich sind die durchschnittlichen Renditen je Asset-Klasse und Zyklusphase für den Zeitraum von 1900 bis 2011 abgebildet. 

Indikatoren zur Messung der Marktbreite und -stärke

Um noch bessere Timing-Entscheidung treffen zu können, lohnt ein Blick ins Innere des Aktienmarktes. Der Wechsel von einem Bullen- in einen Bärenmarkt geht nicht „über Nacht“ von statten – vielmehr kommt es in der Regel zu einer langsamen Erosion, die anschließend einen Bärenmarkt einleitet. Die zunehmende Selektivität ist damit der wichtigste Aspekt bei der Ausbildung eines wichtigen Tops. 
Eine gute Analogie für diesen graduellen Übergang vom Bullen- zum Bärenmarkt stammt von Paul Desmond. Für ihn gleicht der Prozess an den Märkten dem Wechsel der Jahreszeiten in der Natur. So haben die Bäume im Sommer sehr viele grüne Blätter. Beim Übergang in den Herbst färben sich immer mehr von ihnen gelb und rot, bis sie langsam aber sicher vom Baum fallen. Spätestens im Winter präsentieren sich die meisten Bäume dann gänzlich kahl. Ein Aktienindex, der sich in einem gesunden Bullenmarkt befindet, gleicht damit einem Baum voller grüner Blätter. Diese repräsentieren die einzelnen Aktien. Sobald das Momentum nachzulassen beginnt, kann der aufmerksame Marktbeobachter negative Divergenzen an unterschiedlichen Fronten erkennen; die „Blätter“ färben sich allmählich von grün in gelb und rot. Im nächsten Schritt – das Aktienmarkttop formt sich bereits – fallen die ersten Aktien „zu Boden“ und schon bald herrscht ein Gleichgewicht zwischen der Anzahl der Blätter am Boden und derer, die noch „am Baum“ hängen. In den letzten Zügen des Bullenmarktes ist zu beobachten, dass einzelne Aktien ihren Hochpunkt erreichen und in einen Bärenmarkt abdrehen, während andere Titel noch weiter ansteigen und damit sogar kurzzeitig für neue Rekordhochs bei einem Aktienindex sorgen können. Während der „Baum“ (Index) immer mehr „Blätter“ verliert (steigende Anzahl der Aktien, die sich im Bärenmarkt befinden), richtet die große Masse der Marktteilnehmer ihren Blick fälschlicherweise auf den steigenden Index selbst und ignoriert die hohe Anzahl der gefallenen Blätter. Ab einem gewissen Punkt fallen mehr Blätter auf den Boden, als noch am Baum hängen. Die Bären gewinnen zu diesem Zeitpunkt an Kraft und sorgen dafür, dass die Mehrheit des „Blattbestandes“ am Boden liegt. Der Bärenmarkt ist damit bereits eingeläutet. 
Es gibt altbewährte Indikatoren, mit denen man den eben beschriebenen Übergang vom Bullen- zum Bärenmarkt quasi in Echtzeit verfolgen kann. Gemeinsames Ziel dieser Indikatoren ist die Analyse der Veränderungen der Marktbreite und -stärke eines Index. Nachfolgend stellen wir die wichtigsten Konzepte vor.

NYSE Advance/Decline-Linie 

Die A/D-Linie gehört zu den wohl ältesten Instrumenten der Technischen Analyse. Sie misst die tägliche Differenz der Anzahl aller gestiegenen und gefallenen Aktien an der NYSE und liefert aufgrund des großen Universums wertvolle Informationen darüber, ob ein laufender Aufwärtstrend von der Mehrzahl der Aktien getragen wird oder ob nur noch wenige große Werte den Index nach oben ziehen. Divergenzen zwischen Index und NYSE A/D-Linie sind folglich als Warnsignal zu werten. In der Vergangenheit lieferten sie häufig frühzeitige Warnsignale. Bild 6 zeigt die A/D-Linie für die NYSE und den Verlauf des S&P 500 während der Top-Bildung im Sommer 2007. Die A/D-Linie markierte ihr Hoch bereits am 04. Juni 2013 und bildete in den darauffolgenden Monaten tiefere Hochpunkte aus, während der S&P 500 am 09. Oktober 2013 ein neues Hoch erklomm – eine klare Divergenz. 
Ein wichtiges Detail sollte gerade in Zeiten stark steigender Zinsen beachtet werden. Weil an der NYSE nicht nur Aktien, sondern auch zinsabhängige Wertpapiere gehandelt werden, kommt es zu einer Abschwächung der NYSE A/D-Linie, die durch die fallenden Zinsvehikel verursacht wird. Die Aussagekraft wird dadurch deutlich verzerrt. Da eine bereinigte Version nur gegen hohe Gebühren zugänglich ist, empfiehlt sich die Messung der Marktbreite auf Basis von reinen Aktienindizes wie dem S&P 1500.
Eine alte Börsenweisheit, die an dieser Stelle ebenfalls nicht unerwähnt bleiben sollte, ist die Tatsache, dass die Marktbreite in der Regel zuerst bei den Small Caps (S&P 600) zu beobachten ist, dann auf die Mid Caps (S&P 400) überspringt, um im letzten Schritt auch die großen Werte (S&P 500 oder S&P 100) zu „infizieren“. Diese graduelle Schwäche der Marktbreite ist Ausdruck einer zunehmenden Selektivität der Marktteilnehmer im Vorfeld der finalen Top-Bildung und stellt damit ein weiteres Puzzleteil innerhalb des Analyseprozesses dar. 
 

Neue 52-Wochen-Hochs und -Tiefs 

Eine andere Art, die Kräfteverschiebung von den Bullen zu den Bären messbar zu machen, ist die Anzahl neuer 52-Wochen-Hochs und -Tiefs innerhalb eines Aktienindex. Die Grundüberlegung dabei: Ein Aktienindex, der von einem Hoch zum nächsten jagt, sollte auch bei der Mehrheit der einzelnen Indexmitglieder neue Hochs ausbilden. In einem gesunden Bullenmarkt übertrifft die Anzahl neuer Hochs die Zahl der neuen Tiefs deutlich. Überschreitet dagegen die Anzahl neuer Tiefs die der neuen Hochs, liegt ein wichtiges Warnsignal vor. 
Blicken wir hierzu auf die Ausbildung des Hochs im Jahr 2007 (Bild 7). Bereits Monate vor dem eigentlichen Top war ein kontinuierlicher Rückgang neuer 52-Wochen-Hochs (grün) an der NYSE zu beobachten. Ende Juli 2007 überstieg die Anzahl neuer Tiefs (rot) mit einem Wert von rund 800 erstmals die Zahl neuer Hochs und lieferte damit das klassische Warnsignal für ein nahendes Top. Auch während der nachfolgenden Abwärtsbewegung lag die Anzahl der neu generierten Tiefs stets deutlich über der Anzahl der neuen Hochs – eine klare Bestätigung des Bärenmarktes. 

B4) Sektorenmodell
Die Out- und Underperformance früh- und spätzyklischer Branchen liefert Hinweise zur Lage des Gesamtmarktes
innerhalb des Zyklusmodells und ist ein weiteres Puzzleteil im Rahmen der Gesamtanalyse.

B5) Sektorrotation 2007/08
Der zyklische Konsumsektor (dunkelblaue Linie) und der Finanzsektor (violette Linie) waren gute Frühindikatoren für ein nahendes Aktienmarkthoch. Der Energiesektor (grüne Linie) bildete erwartungsgemäß als 
letzter sein Hoch aus. Der Crash am Gesamtmarkt verstärkte sich nochmals deutlich, als auch die defensiven 
Konsumwerte (hellblaue Linie) einbrachen. Die rote Linie zeigt den Verlauf des S&P 500.

B6) NYSE A/D-Linie und S&P 500 im Zeitraum 2007/08
Bei der Top-Bildung im Sommer 2007 bildete die NYSE A/D-Linie (schwarz, rechte Achse) bereits Anfang Juni ihr Hoch aus, während der S&P 500 (rot, linke Achse) vier Monate später noch ein neues Hoch markierte. Diese Divergenz war ein frühes Warnsignal für eine bevorstehende Trendwende am Aktienmarkt. 

B7) S&P 500 versus neue 52-Wochen-Hochs/Tiefs an der NYSE 2007/08
Das Verhältnis zwischen neuen Jahreshochs (oben) und Jahrestiefs (unten) liefert frühzeitige Warnhinweise für eine Verschiebung der Marktkräfte, siehe gelbe senkrechte Markierungen sowie die Divergenz der Anzahl neuer Hochs zum Kursverlauf (rote Linie, oben).

Abstand vom 52-Wochen-Hoch 

Das finale Hoch beim S&P 500 wurde am 07. Oktober 2007 erreicht. Zu diesem Zeitpunkt notierten lediglich 24 Prozent aller Indexmitglieder im Bereich ihrer 52-Wochen-Hochs, während bereits 23 Prozent aller Indexmitglieder mehr als 20 Prozent unter diese Marke zurückgefallen waren. Anders ausgedrückt: Am Tag des Allzeithochs befand sich bereits rund ein Viertel aller Aktien offiziell in einem Bärenmarkt. Bild 8 zeigt die Situation aller Markt-Tops zwischen 1929 und 2007. Die Daten stammen aus einem Analysepapier des renommierten Analysehauses Lowry Research. Besonders auffällig war das Top im Jahr 2000: Während nur knapp zehn Prozent aller Aktien am oder nahe dem Jahreshoch notierten, verweilte mehr als die Hälfte der Indexmitglieder bereits mehr als 20 Prozent unterhalb ihres Jahreshochs – welch Irreführung, wenn man nur auf den Indexstand schaut! 
Die gleiche Analyse lässt sich selbstverständlich auf Branchenebene fortführen. So gaben zum Zeitpunkt des Tops im Jahr 2007 nur noch die Spätzykliker – Energie und Rohstoffe – sowie der Industriesektor ein starkes Bild ab, während beim zyklischen Konsumsektor bereits 42 Prozent aller Aktien in einem Bärenmarkt notierten.

Ein Aktienindex, der von einem Hoch zum nächsten jagt, sollte auch bei der Mehrheit der einzelnen Indexmitglieder neue Hochs ausbilden.

Aktien über/unter GD 200 

Analog zur Analyse der 200-Tage-Linie eines Aktienindex lohnt bei Erreichen eines neuen Indexhochs ein Blick auf den prozentualen Anteil der Indexkomponenten, die oberhalb ihres eigenen GDs 200 notieren. In einem gesunden Bullenmarkt sollten sich bei Erreichen neuer Indexhochs mindestens 70 bis 75 Prozent aller Aktien oberhalb ihrer Durchschnittslinie befinden. Historisch betrachtet lag der Wert am finalen Bullenmarkthoch im Bereich der 60-Prozent-Marke, um anschließend stetig gen Süden zu tendieren. 
Ein gutes Beispiel liefert die Top-Bildung im Jahr 2007/08: Während Ende Februar 2007 etwa 91 Prozent aller S&P 500-Aktien oberhalb der 200-Tage-Linie notierten, lag der Wert am Markthoch im Oktober 2007 nur noch bei rund 63 Prozent – eine klare Divergenz und erneut der Beweis, dass die Top-Bildung schrittweise und nicht „über Nacht“ erfolgt. 
Eine erweiterte Form dieser Betrachtung ist die Berücksichtigung der Steigungsrichtung des GD 200, wodurch sich vier Gruppierungen innerhalb eines Aktienindex ergeben:
• Aktien mit Kurs über fallendem GD 200 = Frühling (junger Aufwärtstrend oder Bärenmarkt-Rallye)
• Aktien mit Kurs über steigendem GD 200 = Sommer (bestätigter Aufwärtstrend).
• Aktien mit Kurs unter steigendem GD 200 = Herbst (junger Abwärtstrend oder Pullback) 
• Aktien mit Kurs unter fallendem GD 200 = Winter (bestätigter Abwärtstrend)
Anhand der gewonnenen Ergebnisse lässt sich ableiten, in welcher „Jahreszeit“ sich der Gesamtmarkt befindet und wie die Entwicklung im Zeitablauf ist. Per 02. Dezember 2013 notiert etwa jede fünfte Aktie im S&P 500 im „Frühling“, etwa 60 Prozent befinden sich im „Sommer“. Nur drei Prozent sind im „Herbst“- und 16 Prozent bereits im „Winter“-Modus. 

B8) Historische Hochs versus 52-Wochen-Hochs
Der Vergleich zwischen der Anzahl der Dow-Jones-Aktien am oder nahe dem Jahreshoch und der Titel, die 
sich bereits in einem Bärenmarkt befinden, liefert wertvolle Informationen über das „Innenleben“ eines Aktienindex.

B9) S&P 500 und Anteil Aktien über GD 200 im Zeitraum 2007/08
Der Prozentsatz der Aktien, die oberhalb ihres GD 200 notieren (schwarze Linie), liefert Informationen über die 
innere Stärke eines Aufwärtstrends. Während der Top-Bildung im Jahr 2007/08 zeigte dieser Indikator bereits 
Monate im Voraus eine negative Divergenz und damit ein erstes Warnsignal. 


Analyse der aktuellen Situation 

Zunächst eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Indikatoren während der Top-Bildung 2007/08: Die A/D-Linien begannen vier Monate vor dem finalen Hoch zu divergieren. Gleichzeitig war die Anzahl neuer 52-Wochen-Hochs bereits seit mehreren Monaten rückläufig. Frühzkylische Sektoren wie der Bankenindex toppten bereits Monate vor dem eigentlichen Gesamtmarkt. Der Transportindex bestätigte zudem das Hoch beim Dow Jones Industrials nicht und lieferte damit ein klassisches Warnsignal nach der Dow-Theorie. Per Saldo deutete die klare Mehrzahl aller Indikatoren auf ein markantes Top hin. 
Im Gegensatz zur damaligen Situation stehen die Ampeln heute trotz des sowohl preislich als auch zeitlich reifen Bullenmarktes momentan auf grün. Charttechnisch betrachtet bewegt sich der S&P 500 in einem intakten, steilen Aufwärtstrend. Positiv ist die Tatsache, dass die im Jahr 2007 ausgebildeten Hochs geknackt wurden und keine Divergenzen zwischen dem Transportindex, den Small Caps und dem Gesamtmarkt feststellbar sind. Ein Blick auf die vorgestellten Marktindikatoren bestätigt, dass der übergeordnete Bullenmarkt weiterhin intakt ist: 
A/D-Linien: Sowohl die NYSE als auch die S&P 1500-Variante notieren auf einem Allzeithoch und bestätigen damit den aktuellen Bullenmarkt (Bild 10). 
Neue 52-Wochen-Hochs/Tiefs: Bei den Aktienindizes übertrifft die Anzahl neuer Hochs weiterhin die Anzahl neuer Tiefs. 
Abstand vom 52-Wochen-Hoch: Derzeit notieren etwa 20 Prozent aller Aktien am oder nahe dem 52-Wochen-Hoch, während nur zwölf Prozent mehr als 20 Prozent darunter gefallen sind. Diese Konstellation weist auf einen gesunden Bullenmarkt hin. 
Anteil Aktien über GD 200: Aktuell notieren 82 Prozent aller S&P 500-Aktien oberhalb ihrer 200-Tage-Linie. Seit Mai ist diese Kennzahl allerdings rückläufig. 
Zyklische Sektoren: Seit Beginn des Bullenmarktes im März 2009 zeigen sich zyklische Sektoren als klare Outperformer. Dies gilt auch für das Börsenjahr 2013: Sowohl der zyklische Konsumsektor als auch der Finanzsektor legten bis November mit einem Anstieg von 37 Prozent beziehungsweise 29 Prozent eine Outperformance gegenüber dem S&P 500 hin. Das Ratio aus Zyklikern und Defensivaktien befindet sich in einem intakten Aufwärtstrend und bestätigt so die neuen Hochs am Gesamtmarkt. 
Die Sentimentanalyse bestätigt sowohl bei den US-Börsenbriefschreibern als auch bei den Privatinvestoren eine optimistische Stimmung. Extremwerte liegen noch nicht vor. Die historisch hohe Margin-Verschuldung an der NYSE zeigt aber, dass für die Zukunft hohes Enttäuschungspotenzial besteht. Auffällig ist jedenfalls das stark ausgeprägte, fast schon blinde Vertrauen in die Macht der Notenbanken – Stichwort Quantitative Easing –, was sich früher oder später als fahrlässig erweisen dürfte. Wann genau dies der Fall sein könnte, werden die hier besprochenen Indikatoren rechtzeitig anzeigen.

 

 B10) S&P 500 mit diversen Indikatoren
Die Advance-Decline-Linie (oben) befi ndet sich auf einem Allzeithoch und bestätigt damit den aktuellen Bullenmarkt des S&P 500. Das Zykliker-/Defensiv-Ratio (2. von oben) stützt diese Aussage ebenso wie die Zahl neuer Hochs (unten) und Tiefs (2. von unten) sowie die Anzahl der Aktien oberhalb ihrer 200-Tage-Linie (Mitte).


Fazit 

Die vorgestellten Instrumente ermöglichen einen systematischen und effektiven Analyseprozess und versetzen Anleger und Trader in die Lage, ein nahendes Top Aktienmarkt rechtzeitig erkennen zu können. Hierzu gehören neben der charttechnischen Beurteilung in erster Linie die Analyse der Marktbreite und des Verhaltens zyklischer Sektoren sowie die Sentimentanalyse. Auch wenn sich diese Hilfsmittel seit Jahrzehnten immer wieder bewährt haben – die Erwartung, auf diese Weise tatsächlich den optimalen Ausstiegszeitpunkt anzuzeigen, kann keine Analyseform der Welt erfüllen. Schließlich gibt es in einem komplexen System, das auf massenpsychologischen Phänomenen basiert, stets auch unbekannte Variablen. Die Tatsache, dass die Top-Bildung an den Aktienmärkten ein gradueller Prozess und nicht ein punktuelles Ereignis ist, macht den perfekten Ausstieg aber ohnehin überflüssig. Im Vordergrund steht vielmehr eine schrittweise Reduzierung der Risiken, wenn das Aktienmarktumfeld ein zunehmend ungünstiges Chance/Risiko-Verhältnis anzeigt. «
 

Ein Artikel von David Pieper. Wir danken traders-mag.com für die Zusammenarbeit.

 

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