Professionelles Options-Trading - Teil 3: So handeln Sie die steigende Volatilität vor Quartalszahlen

Professionelles Options-Trading - Teil 3: So handeln Sie die steigende Volatilität vor Quartalszahlen

Die amerikanischen Aktiengesellschaften verkünden viermal im Jahr ihre Ergebnisse („Earnings“) des zurückliegenden Quartals. Die Unsicherheit bezüglich der Höhe dieser Ergebnisse führt im Vorfeld zu einer steigenden Volatilität bei den Aktien-Optionen, die dann unmittelbar nach den Earnings schlagartig wieder abfällt. In einem früheren Artikel des Autors (TRADERS´ 03/2014, im Shop unter www.traders-media.de erhältlich) wurde gezeigt, wie Sie diesen Vola-Crash nach Earnings handeln können. In diesem Artikel erfahren Sie nun, wie Sie vom Anstieg der Volatilität vor den Earnings profitieren und geeignete Kandidaten aus der Vielzahl der verfügbaren Aktien herausfiltern können.

» Starke Kurssprünge

Die Börse reagiert mitunter sehr sensibel auf die Quartalsergebnisse. Heftige Kursbewegungen in den Minuten nach der Verkündung sind häufig zu beobachten. Die Aktie des amerikanischen Kaffeerösters Keurig Green Mountain (Kürzel: GMCR) beispielsweise stürzte am 05. August 2015 um 28 Prozent ab, nachdem das Unternehmen sein Ergebnis für das vorausgegangene Quartal bekannt gegeben hatte. Die Aktie von Amazon (Kürzel: AMZN) war einen Monat zuvor nach Bekanntgabe der Quartalsergebnisse um über 20 Prozent gestiegen. Solch heftige Reaktionen sind nicht unbedingt die Regel, aber sie kommen häufiger vor als man gemeinhin annehmen würde. So gab es im ersten Quartal 2015 immerhin 209 Aktiengesellschaften, deren Kurs sich nach Verkündung der Ergebnisse um mehr als 20 Prozent bewegte. Und bei fast einem Viertel (1047 von insgesamt 4405 untersuchten Aktien) kam es zu einer Post-Earning-Reaktion des Kurses von mehr als zehn Prozent. Aufgrund der großen Unsicherheit über eben solche Kursreaktionen steigt die implizite Volatilität der Optionen in den letzten Wochen vor den Earnings in der Regel beständig an. Käufer dieser Optionen profitieren von der stetigen „Verteuerung“, die den negativen Zeitwertverfall, dem ein Optionskäufer ausgesetzt ist, zumindest teilweise kompensiert. Als Optionskäufer müssen Sie zu einer Einschätzung kommen, wie hoch der positive Effekt aus der ansteigenden Volatilität sein wird und dagegen den negativen Effekt aus dem Zeitwertverfall rechnen.
 

B1) Statistik für die vorherigen Earnings
Auf Basis der letzten Quartalszahlen wird die zu erwartende eingepreiste Bewegung (Implied Move) ermittelt.

Lohnt sich der Aufbau einer Optionsposition?

Schauen wir uns ein konkretes Beispiel an. Cirrus Logic (Kürzel: CRUS) hatte angekündigt, am 28. Januar 2015 nach Börsenschluss das Ergebnis für das letzte Quartal 2014 bekannt zu geben. Versuchen wir uns zunächst an einer qualifizierten Schätzung, auf welches Niveau die implizite Volatilität der Optionen am Tag der Earnings ansteigen könnte. Dazu betrachten wir die letzten Earnings (Bild 1). Interessant ist der Vergleich des „Implied Move“ mit dem „Max Move“. Der Implied Move berechnet sich aus den Optionspreisen des At-The-Money-Straddles (ATM-Straddle) unmittelbar vor den Earnings und zeigt die Erwartung der Marktteilnehmer, wie weit die Aktie sich nach den Earnings bewegen könnte. Die tatsächliche Bewegung nach den Earnings ist der Spalte „Max Move“ zu entnehmen. Sie sehen, dass die tatsächliche Bewegung manchmal überschätzt, oft aber auch unterschätzt wurde. Uns interessiert die tatsächliche Bewegung nach Bekanntgabe der Quartalszahlen nur insofern, als dass wir sie benutzen, um zu einer Schätzung zu kommen, wie der Implied Move im Vorfeld der aktuellen Earnings sein wird. Außerdem orientieren wir uns an der Größe des Implied Moves der vorangegangen Earnings. Im vorliegenden Beispiel hat sich dieser immer zwischen zehn und 15 Prozent bewegt. Bei den letzten Earnings hatten die Marktteilnehmer die Post-Earning-Reaktion der Aktie offensichtlich unterschätzt: Die Aktie ging um 13,7 Prozent zurück, während vorab 10,37 Prozent erwartet wurden. Wenn wir jetzt also vorsichtig schätzen, dass der Implied Move rund zehn Prozent betragen wird, können wir mit einem beliebigen Options-Tool ausrechnen, was das für die implizite Volatilität bedeutet (Bild 2).

B2) Berechnungen für die implizite Volatilität
Mit unserer Schätzung für den Implied Move können wir ausrechnen, wie hoch die implizite Volatilität sein muss, damit diese Optionspreise zustande kommen.

Berechnungen für die implizite Volatilität

Wir wissen, dass die Restlaufzeit der ersten Optionsfälligkeit nach den Earnings am 28. Januar 2015 zwei Tage betragen wird und dass der ATM-Straddle bei einem Aktienkurs von 23 US-Dollar dann vor den Zahlen 2,30 US-Dollar kostet, denn das entspricht zehn Prozent. Weil der Straddle aus zwei Optionen besteht, dem Call und dem Put, ist der Optionspreis für jede der Optionen 1,15 US-Dollar. Mit diesen Eingaben können Sie also ausrechnen, wie hoch die implizite Volatilität sein muss, damit diese Optionspreise zustande kommen: 169 Prozent. Mit anderen Worten: Die implizite Volatilität muss bis zum 28. Januar 2015 auf dieses Niveau steigen, damit Call und Put zusammen 2,30 US-Dollar kosten und damit einen Implied Move in Höhe von zehn Prozent prognostizieren. Mit diesem Wissen ausgestattet können wir nun im nächsten Schritt überlegen, ob der Kauf eines Straddles in Erwartung steigender Volatilität eine erfolgsversprechende Strategie sein könnte. Im Gewinn/ Verlust-Diagramm (Bild 3) ist der Kauf eines ATM-Straddles (Strikes bei 23 US-Dollar) am 07. Januar 2015 unter der Annahme eines Vola-Anstiegs auf 169 Prozent simuliert.

B3) Gewinn/Verlust-Diagramm
Die dunkelblaue Linie zeigt uns den Wert des Straddles in Abhängigkeit des Aktienkurses zum Fälligkeitstermin der Optionen (30. Januar 2015) an. Die hellblaue Linie ist die sogenannte t+0-Linie, also der Gewinn beziehungsweise Verlust des Straddles am Handelstag (07. Januar 2015). Die rote Linie signalisiert den Wert der Optionsposition unmittelbar vor den Earnings (also am 28. Januar 2015). Wenn wir uns auf diese konzentrieren, können wir erkennen, dass wir eine geringe Bewegung des Aktienkurses (ungefähr 1,50 US-Dollar nach oben oder unten) benötigen, um ein positives Ergebnis zu erzielen.

Gewinn/Verlust-Diagramm

Wir sehen drei Linien: Die dunkelblaue Linie zeigt uns den Wert des Straddles in Abhängigkeit des Aktienkurses zum Fälligkeitstermin der Optionen (30. Januar 2015) an. Die rote Linie ist von größerer Bedeutung, da sie uns den Wert der Optionsposition unmittelbar vor den Earnings (also am 28. Januar 2015) signalisiert. Die hellblaue Linie ist die sogenannte t+0-Linie, also der Gewinn beziehungsweise Verlust des Straddles am Handelstag (07. Januar 2015). Wenn wir uns auf die rote Linie konzentrieren, können wir erkennen, dass wir eine geringe Bewegung des Aktienkurses (ungefähr 1,50 US-Dollar nach oben oder unten) benötigen, um ein positives Ergebnis zu erzielen. Die entscheidende Frage ist jetzt: 
Wie wahrscheinlich ist eine entsprechende Bewegung des Aktienkurses in den nächsten drei Wochen (vom 07. Januar bis 28. Januar)? Auch hier hilft uns wieder die Volatilität weiter, diesmal jedoch die historische Volatilität. Wir schauen uns also die Schwankungshöhe der CRUS-Aktie in der Vergangenheit an (Bild 4) und berechnen für den drei-Wochen-Zeitraum eine Standardabweichung.

Die wahrscheinliche Bewegungsspanne ermitteln 

Die historische Volatilität betrug zirka 64 Prozent. Wir können diese Zahl auf einen 3-Wochen-Zeitraum (21 Tage) umrechnen: 64 Prozent / Wurzel (365 / 21) = 15,4 Prozent. Wenn wir jetzt den aktuellen Aktienkurs (22,87 US-Dollar) mit den 15,4 Prozent multiplizieren, erhalten wir eine Standardabweichung: 3,50 US-Dollar. Mit anderen Worten: Mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 68 Prozent (entspricht einer Standardabweichung) wird sich die Aktie in den nächsten drei Wochen um 3,50 US-Dollar bewegen.
Diese Information ist von essenzieller Bedeutung für uns, denn das sagt uns, dass wir bei unserem angedachten Trade die Wahrscheinlichkeit auf unserer Seite haben. Wir benötigen lediglich eine Bewegung von 1,50 US-Dollar, damit wir Gewinne machen können. Übrigens: Dass wir lediglich 1,50 US-Dollar Bewegung brauchen, bevor wir die Gewinnzone erreichen, liegt einzig und allein an dem angenommenen Vola-Anstieg. Wenn wir die gleiche Rechnung ohne prognostizierten Vola-Anstieg durchführen, sind die Break Even-Punkte etwa doppelt so weit entfernt. Der Ausstieg aus dem Trade erfolgt am Tag der Earnings, also am 28. Januar 2015. Die Aktie hatte sich zwischenzeitlich deutlich nach oben auf ein Niveau von 26,80 US-Dollar bewegt. Die implizite Volatilität unserer Optionen war auf ein Niveau von etwa 145 Prozent angestiegen, also nicht ganz so stark wie prognostiziert. Dennoch war es ein erfolgreicher Trade. Wir konnten den Straddle, den wir zu 2,47 US-Dollar gekauft hatten, zu einem Preis von 4,75 US-Dollar schließen. Der Gewinn betrug 228 US-Dollar pro Optionspaar.

B4) Historische Volatilität
Die historische Volatilität betrug in unserem Beispiel zirka 64 Prozent. Aus der historischen Volatilität können wir die zu erwartende Schwankungsbreite für die nächsten drei Wochen berechnen.

 

Wichtige Begriffe

Fazit

Unser Beispiel zeigt das grundsätzliche Vorgehen beim Pre-Earnings-Trading. Suchen Sie nach Aktien, die in der Vergangenheit zu größeren Preisbewegungen nach den Earnings neigten. Überprüfen Sie das Verhalten der impliziten Volatilität der Optionen in den Wochen vor den Earnings (zum Beispiel auf der Seite www.ivolatility.com). Wenn Sie interessante Werte gefunden haben, sehen Sie sich die historischen Preise des ATM-Straddles vor den Earnings-Terminen der letzten Zeit an und kommen Sie zu einer Einschätzung wie hoch der Preis diesmal sein könnte. Vergleichen Sie dann den aktuellen Preis des ATM-Straddles mit Ihrer Prognose. Basierend darauf können Sie mithilfe einer Options-Software ermitteln, wie weit sich die Aktie bis zu den Earnings bewegen muss, damit eine Long-Straddle-Strategie profitabel ist. Wenn die Parameter stimmen, kaufen Sie zwei bis drei Wochen vor den Earnings.


 Strategie Snapshot

 

Ein Artikel von Christian Schwarzkopf. Wir danken traders-mag.com für die Zusammenarbeit.

 

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