Profi-Strategien für alle Marktphasen Teil 2: Flexibles trading mit Optionen

Profi-Strategien für alle Marktphasen Teil 2: Flexibles trading mit Optionen

Im ersten Teil (TRADERS´ 12/2014) wurde gezeigt, welche Möglichkeiten Covered Call Writing und Bull Call Spreads Tradern bieten können. In diesem Teil soll nun erklärt werden, wie Bear Call Spreads eingesetzt werden können und wie das Schreiben von Call-Optionen im Rahmen einer Strategie genutzt werden kann, die eine Short-Position simuliert, jedoch gegenüber „echten“ Short-Positionen deutlich weniger Risiken beinhaltet.
» Bear Call Spread (Credit Call Spread) Wie der Name bereits nahelegt, setzt man bei einem Bear Call Spread im Gegensatz zu einem Bull Call Spread auf fallende oder zumindest nicht auf steigende Kurse. Der Bear Call Spread entsteht durch den Verkauf von Call-Optionen mit einem niedrigeren Basispreis als der, den die (zur Absicherung) gekauften Call-Optionen haben. Wenn Sie also davon ausgehen würden, dass die IBM-Aktie nach dem Kursrutsch nachhaltig geschwächt ist, könnten Sie Call-Optionen schreiben, deren Basispreis über dem aktuellen Kurs von 163,60 Dollar liegt, und gleichzeitig Call-Optionen kaufen, die einen höheren Basispreis haben. Dies führt dazu, dass Sie eine Prämieneinnahme erzielen können, aber dennoch Ihr Risiko genau definiert haben. Ihr maximaler Verlust besteht nämlich aus der mit 100 multiplizierten Differenz der beiden Basispreise abzüglich der Prämieneinnahme.
Ein Beispiel: Sie schreiben am 28.10.2014 einen Call-Kontrakt mit Basispreis 170 Dollar und Laufzeitende am 20.12.2014 und erhalten eine Prämieneinnahme in Höhe von 128 Dollar. Gleichzeitig kaufen Sie einen Call-Kontrakt mit gleicher Laufzeit und Basispreis bei 180 Dollar für 27 Dollar. Damit verbleiben Ihnen 101 Dollar bei einem maximalen Verlustrisiko in Höhe von 899 Dollar, entsprechend (180 Dollar - 170 Dollar) x 100 - 101 Dollar. Verluste entstehen am Laufzeitende erst bei einem Kurs der IBM-Aktie über 171,01 Dollar, ein Abstand von 4,5 Prozent zum aktuellen Aktienkurs. Ein Bear Call Spread kann in Betracht kommen, wenn Sie beim zugrunde liegenden Basiswert nicht unbedingt mit fallenden Kursen, jedoch auf keinen Fall mit steigenden Kursen rechnen.
 

 

B1) Bear Call Spread bei IBM

Bild 1 zeigt den Verkauf der Call-Optionen (blaue Linie) und den Aktienkurs, bis zu dem maximal Verluste
entstehen (Basispreis der zur Absicherung gekauften Call-Optionen, rote Linie).

 

Synthetische Short-Position

Wenn Sie hingegen nicht nur vermuten, dass der Basiswertkurs nicht weiter steigt, sondern sogar überzeugt davon sind, dass der Kurs fällt, kommt grundsätzlich zunächst ein klassischer Leerverkauf des Basiswertes infrage. Eine solche Short-Position beinhaltet jedoch stets ein theoretisch unbegrenztes Verlustrisiko, da der leerverkaufte Basiswert theoretisch unbegrenzt steigen kann. Ein Eindecken der Short-Position könnte also zu extrem ungünstigen Kursen mit erheblichen Verlusten notwendig werden. Diese Gefahr hält viele Trader zu Recht davon ab, Leerverkäufe zu tätigen. Darüber hinaus können für das Leihen des leerverkauften Basiswertes Kosten entstehen. Mit Optionen können diese Nachteile weitestgehend vermieden werden. Genauso wie durch den gleichzeitigen Kauf einer am Geld liegenden Call-Option und den Verkauf einer am Geld liegenden Put-Option eine sogenannte „synthetische Long-Position“ im Basiswert entsteht, kann durch den gleichzeitigen Kauf einer Put-Option am Geld und den Verkauf einer Call-Option am Geld eine synthetische Short-Position gebildet werden. Aber auch bei einer solchen synthetischen Short-Position besteht durch die nackt verkaufte Call-Option ein theoretisch unbegrenztes Verlustrisiko.
Ähnlich wie beim oben beschriebenen Bear Call Spread können jedoch auch hier Optionen zur Absicherung gekauft werden. Stellen Sie sich zur Veranschaulichung folgendes Szenario vor: Der Kurs der Microsoft-Aktie beträgt am 23.10.2014 45,02 Dollar. Der Verkauf einer Call-Option am Geld (Basispreis: 45 Dollar), die bis Januar 2017 läuft, erlöst 383 Dollar (100 x 3,83). Wie bei einem Bear Call Spread kaufen Sie zur Eingrenzung Ihres Risikos zeitgleich eine Call-Option mit Basispreis 50 Dollar und identischer Laufzeit für 99 Dollar (100 x 0,99). Zusätzlich kaufen Sie eine Put-Option am Geld (Basispreis: 45 Dollar) für 498 Dollar (100 x 4,98) und verkaufen eine aus dem Geld liegende Put-Option (Basispreis: 35 Dollar) zu 1,36 Dollar und erlösen damit 136 Dollar. Beide Optionen laufen ebenfalls bis Januar 2017. Im Ergebnis haben Sie nun einen Bear Call Spread (Credit Call Spread) und einen Bear Put Spread (Debit Put Spread) gebildet. Insgesamt kostet Sie diese Konstruktion 78 Dollar, entsprechend 362 Dollar (Kosten für den Bear Put Spread) abzüglich 284 Dollar (Einnahme durch den Bear Call Spread).
Welche Chancen und Risiken beinhaltet die Konstruktion nun? Zunächst besteht die Möglichkeit, von fallenden Kursen der Microsoft-Aktie ab 44,22 Dollar zu profitieren. Dieser Break-Even ergibt sich aus dem Basispreis der gekauften Put-Optionen (45 Dollar) abzüglich 0,78 Dollar (78 Dollar Kosten der Konstruktion / 100). Durch die geschriebene Put-Option besteht bei 35 Dollar ein Cap. Kursrückgänge unter dieses Niveau wirken sich also nicht weiter gewinnsteigernd aus. Ihr maximaler Verlust liegt bei 578 Dollar. Dies entspricht dem maximalen Verlust des Bear Call Spreads, also der mit 100 multiplizierten Differenz der Basispreise abzüglich der erhaltenen Prämie, zuzüglich der Kosten für den Bear Put Spread. Die genaue Gewinn- und Verlustverteilung, betrachtet am Laufzeitende, können Sie Tabelle 1 entnehmen.

 

B2) Synthetische Short-Position bei Microsoft

Bild 2 zeigt den Kurs, ab dem die Position durch die gekaufte Call-Option abgesichert ist (rote Linie) sowie den
Kurs, ab dem die Konstruktion profitabel ist (Break-Even, blaue Linie). Der Kurs, ab dem durch die geschriebene
Put-Option nicht weiter an Gewinnen partizipiert werden kann, liegt bei 35 Dollar und damit außerhalb des
sichtbaren Chartbereichs.

 

Vergleich synthetische Short-Position mit Bear Put Spread

Da die oben beschriebene Konstruktion einer abgesicherten synthetischen Short-Position kompliziert erscheinen mag, kann man sich fragen, ob man nicht auch ein vergleichbares Chance/Risiko-Profil erhalten kann, wenn man lediglich den Bear Put Spread gebildet hätte. Dieser wäre entstanden, wenn man am 23.10.2014 lediglich die Put-Option am Geld für 498 Dollar gekauft und diesen Kauf durch Schreiben der Put-Option aus dem Geld (100 x 1,36 Dollar) verbilligt hätte. Die Kosten der Position und damit der maximale Verlust hätten dann 362 Dollar betragen. Auch wenn der maximale Verlust damit deutlich kleiner als der maximale Verlust der synthetischen Short-Positionen wäre, würde das Ausbleiben der Einnahmen aus dem Bear Call Spread zu einer Verschiebung des Break-Even auf einen Aktienkurs in Höhe von 41,38 Dollar und zu einer Reduzierung des maximalen Gewinns auf 638 Dollar (entsprechend 1000 - 362 Dollar) führen. Auch wenn das Chance/Risiko-Verhältnis (CRV) mit 1,8 etwas besser ist als das CRV der synthetischen Short-Position (1,6), stellt der deutlich schlechtere Break-Even (41,38 Dollar im Vergleich zu 44,22 Dollar) einen erheblichen Nachteil dar.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es hier durchaus sinnvoll sein kann, die kompliziertere Variante, also die Kombination aus Bear Put Spread und Bear Call Spread zu wählen.

Risiko: vorzeitige Ausübung

Wie bereits im ersten Teil beschrieben, sollten Trader, die Optionen schreiben, stets berücksichtigen, dass es in seltenen Fällen zu einer vorzeitigen Ausübung kommen kann.

T1) Vergleich zwischen synthetischer Short-Position und Bear Put Spread

Die Tabelle zeigt den Vergleich zwischen den im Text beschriebenen synthetischen Short- und Bear Put Spread-Positionen auf die Microsoft-Aktie.

Tipp: Optionen vorzeitig zurückkaufen

Ebenfalls wurde bereits im ersten Teil erläutert, dass es sich empfehlen kann, die geschriebenen Optionen bereits vor dem Laufzeitende zurückzukaufen und nicht darauf zu warten, dass sie wertlos verfallen. Wenn Sie Ihre geschriebenen Optionen beispielsweise bereits zurückkaufen, wenn diese nur noch 20 Prozent dessen wert sind, was sie eingenommen haben, vermeiden Sie das Risiko, dass es während der Restlaufzeit noch zu nachteiligen Kursentwicklungen kommt. Außerdem beseitigen Sie mit dieser Vorgehensweise bei der oben beschriebenen synthetischen Short-Position den Cap. Die Position ermöglicht es Ihnen dann also, von weiteren Kursrückgängen zu profitieren. 

Alternative: Retail-Produkte nutzen

Einige Trader verfügen (noch) nicht über die Möglichkeit, an Optionsbörsen zu handeln und selbst Optionen zu schreiben. Falls Sie dazu gehören, haben Sie aber indirekt dennoch die Möglichkeit, einige der hier beschriebenen Konstruktionen zu nutzen. Viele vorgefertigte Hebelprodukte sind nämlich letztlich nichts anderes als verbriefte Optionskonstruktionen. Durch Kauf eines im Geld liegenden Discount-Put-Optionsscheins entsteht eine Position, die vom Auszahlungs- und Risikoprofil mit einem Bear Call Spread vergleichbar ist. Ein am Geld liegender Discount-Put-Optionsschein weist ein Profil auf, das mit dem der oben beschriebenen Bear Put Spread-Position vergleichbar ist. Auch wenn das Pricing oft besser ist, wenn man sich die Konstruktionen an einer Optionsbörse „selber baut“, bieten solche fertigen Retail-Produkte Tradern, die sich noch nicht an den echten Optionshandel wagen möchten, die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln.

Fertige Retail-Produkte bieten Tradern die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln.

Technische Analyse nutzen

Trader können sich bei der Suche nach Ein- und Ausstiegssignalen genau so der Technischen Analyse bedienen, wie sie es auch beim Eröffnen klassischer Short-Positionen tun. Wenn Sie zum Beispiel im Chart einen Widerstand ausmachen, könnte es sich anbieten, einen Basispreis für Ihren Bear Call Spread zu wählen, der kurz darüber liegt.

Fazit

Die Konstruktion des Bear Call Spreads ermöglicht es dem Trader, Einnahmen zu erzielen, unabhängig davon, ob der Kurs des Basiswertes tatsächlich fällt oder einfach nur gleich bleibt beziehungsweise nur gering steigt. Bei der synthetischen Short-Position ist zur Erzielung von Einnahmen eine Abwärtsbewegung notwendig – je stärker desto besser. Beim Eintreten dieses Szenarios ist der mit der synthetischen Short-Position erzielbare Gewinn jedoch meist deutlich größer als der auf die Prämieneinnahme begrenzte Gewinn eines Bear Call Spreads. Die Entscheidung, welche der beiden Konstruktionen zum Einsatz kommt, hängt deshalb also maßgeblich davon ab, wie ausgeprägt die bärische Marktmeinung des Traders ist. «

Ein Artikel von Alexander Mantel. Alexander Mantel beschäftigt sich seit seinem 17. Lebensjahr mit den Finanzmärkten.
Dabei gilt sein Interesse hauptsächlich derivativen Produkten und neuen Entwicklungen der Finanzbranche.

Dies war Teil 2 Flexibles trading mit Optionen.
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