Börsenlegende: Sir John Templeton


Wir schreiben das Jahr 1931. Die große Depression wütet in Amerika. Auch für einen jungen Yale-Studenten bedeutet das harte Zeiten. Er heißt John Marks Templeton. Sein Vater muss ihm mit Bedauern mitteilen, dass sich die Familie sein Studium nicht mehr leisten kann. Doch Templeton gibt nicht auf. Er sucht beharrlich nach Mitteln und Wegen, um es selbst zu finanzieren. Er lernt fokussierter als zuvor, um den Anspruch auf sein Stipendium zu sichern, arbeitet parallel an der Uni, nimmt einen Kredit von seinem Onkel auf und spielt profitabel Poker mit seinen Kommilitonen. Diese Beharrlichkeit zahlt sich aus. Im Jahr 1934 schließt Templeton sein Studium erfolgreich ab. Es ist der Anfang seiner einmaligen Karriere.

Sir John Templeton

In diesem Artikel
Investment-Methoden
Templeton Growth Fund
Outperformance über Jahrzente
Anlagestrategie und Value Investing
Templeton Foundation

Investment-Methoden, die seiner Zeit voraus waren


John Templeton war mit der Arbeit von Benjamin Graham vertraut. Dessen 1934 erschienenes Buch Security Analysis nannte er später „beste, das jemals über Investments geschrieben wurde“. Ab den späten 1930ern entwickelten Templeton und seine Kollegen ausgefeilte Methoden, die ihrer Zeit weit voraus waren. Dazu zählten inflationsbereinigte Kurs/Gewinn-Verhältnisse über mehrere Jahre ähnlich dem späteren CAPE, regelmäßige Rebalancings der bestehenden Positionen im Portfolio sowie Schätzungen zum Verhältnis von Marktwert gegenüber den theoretischen Wiederbeschaffungskosten der Vermögenswerte ähnlich dem späteren Tobin's Q.

Das Leben von John Templeton bestand aber nicht nur aus Arbeit. 1937 heiratete er seine Frau Judith und gründete eine Familie mit drei Kindern. Doch er musste auch einen schweren Schicksalsschlag verkraften. Im Februar 1951 kam seine Frau bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Mehrere Jahre lang musste er sich allein um seine Kinder kümmern. Im Jahr 1958 heiratete er dann erneut.



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Templeton Growth Fund –  eine jahrzehntelange Schnäppchenjagd


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1954 stieg Templeton in die damals noch kaum entwickelte Fondsbranche ein. Er legte den Templeton Growth Fund auf, mit dem er zur Investmentlegende wurde. Bei Wiederanlage der Dividenden wären 10.000 Dollar, die damals investiert wurden, bis 1992 auf 2 Mio. Dollar angewachsen. Das entspricht einer jährlichen Durchschnittsrendite von 15 Prozent über 38 Jahre, also konstant 3,7 Prozent mehr als der Aktienmarkt. Dabei hatte der Fonds unter seiner Leitung in jedem beliebigen 5-Jahres-Zeitraum inflationsbereinigt eine positive Rendite. Kaum ein anderer Investor kann das von sich behaupten.

Templetons Erfolg ist aber nicht nur wegen der hohen und beständigen Renditen bemerkenswert, sondern auch wegen des geringeren Risikos. Außerdem legte er auch andere erfolgreiche Fonds auf, die eine enorme Größe erreichten. So war er in den 1960er Jahren einer der Pioniere von Investments in Schwellenländer. 1999 nannte ihn das Money-Magazin „den wohl größten globalen Stockpicker des Jahrhunderts“.


Die nachfolgende Grafik zeigt die Performance des Templeton Growth Fund von 1954 bis 1996 unter Annahme reinvestierter Erträge. Der Fonds wurde bis 1992 von John Templeton geführt.

Templeton Growth Fund Performance

Outpeformance über Jahrzehnte


Umfangreiche Aktienkäufe während des Zweiten Weltkriegs: Nach Ausbruch des Kriegs war die Stimmung an der Börse natürlich am Boden. Kaum zehn Jahre war es her, dass der Crash 1929 die Wall Street auf die tiefste Talfahrt ihrer Geschichte geschickt hatte. Doch Templeton dachte selbst in dieser dunklen Zeit opportunistisch. Nach dem Einmarsch der Deutschen 1940 in Frankreich rief er bei seinem Makler an und platzierte den scheinbar verrückten Auftrag, je 100 US-Dollar in alle 104 US-Aktien zu stecken, die weniger als einen Dollar kosteten. Darunter waren zwar viele Pleitekandidaten. Doch Templeton erwartete, dass der Krieg Amerikas zerrüttete Wirtschaft elektrisieren und selbst die schwächsten Unternehmen retten könnte. Als der Krieg fünf Jahre später endete und er die Positionen auflöste, lagen 100 der 104 Trades im Gewinn. Er hatte seinen Einsatz in etwa verfünffacht.

Einstieg in den japanischen Markt

In den 1950er Jahren trauten sich kaum Anleger in den japanischen Markt. Die dortige Wirtschaft taumelte und viele Aktien wurden mit Kurs/Gewinn-Verhältnissen von drei gehandelt. Für John Templeton war dieser „billigste Markt der Welt“ dagegen eine weitere, einmalige Gelegenheit. Er kaufte Perlen wie Hitachi und Fuji Film, die niemand wollte, und investierte 60 Prozent seines Fonds in ein Land, das damals für die Produktion billiger Imitationen verspottet wurde. Doch später drehte der Wind immer mehr, bis sich Anleger 1980 völlig übermütig auf japanische Aktien stürzten. Templeton, der zu dieser Zeit schon längst nach anderen, billigeren Aktien suchte, hatte seinen Einsatz verfünffacht und sich fast vollständig aus Japan zurückgezogen.

Antizyklische Investitionen

Eine weitere einmalige Gelegenheit war der Crash im Jahr 1987. Auch hier war Templeton wieder antizyklisch unterwegs und deckte sich mit abgestraften Aktien ein. „Er lässt sich nicht von Emotionen der Wall Street mitreißen“, sagte Jay Bradshaw, der die Handelsabteilung von Templetons Gesellschaft leitete. Die Strategie, in Aktien einzusteigen, wenn sie in den Keller gehen, erfordert eine enorme Willenskraft und eine starke Persönlichkeit, bestätigt auch Templeton-Erfolgsmanager Mark Mobius. „Alle anderen rennen aus dem brennenden Haus.“


Zitat 1 John Templeton

John Templeton trieb die Strategie, billig zu kaufen und teuer zu verkaufen, also zeitweise auf die Spitze. Sein Ziel war es, am „Punkt des maximalen Pessimismus“ zu investieren. Obwohl (oder vielleicht gerade weil) er in seinen jungen Jahren die Weltwirtschaftskrise miterlebt hatte, bewahrte er sich den unerschütterlichen Glauben an die Fähigkeit der Menschheit, Widrigkeiten zu überwinden. Er blieb zuversichtlich, dass sich dies zu gegebener Zeit in attraktiven Anlagerenditen niederschlagen würde.

John Templeton war aber nicht nur ein knallharter Schnäppchenjäger. Er verstand es auch, der überschwänglichen Euphorie am Markt standzuhalten und so seine Verluste in den darauffolgenden Bärenmärkten zu begrenzen. Zum Beispiel schoss der US-Markt 1968 in atemberaubende Höhen. Doch genau aus diesem Grund war Templeton dort stark untergewichtet. Zwischen 1969 und 1974 fiel der breite US-Markt mehr als 50 Prozent. In dieser Zeit erzielte er mit seinem Fonds, der vor allem in Japan und Kanada investiert war, eine positive Rendite von erstaunlichen 50 Prozent.


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John Templetons Anlagestrategie


John Templetons Anlagephilosophie basierte auf der Annahme, dass Anleger den Mut und die Geduld haben müssen, Wirtschafts- und Marktzyklen zu durchstehen und eine strenge Disziplin zu wahren. Obwohl sein Flaggschiff-Fonds also das Wort „Growth“ beinhaltete, war Templeton ein Anhänger des Value Investing. Er konzentrierte sich auf den Kauf von Aktien, die er als deutlich unterbewertet einschätzte. Diese hielt er so lange, bis ihr Preis auf den fairen Wert gestiegen war. Konkret waren damit Aktien gemeint, die auf Sicht von 5 Jahren ein geschätztes Kurs/Gewinn-Verhältnis von mehr als 12 bis 14 hatten. Die durchschnittliche Haltedauer betrug dabei etwa vier Jahre. In den Augen von Templeton war das Hoffen auf weitere Preissteigerungen von Aktien, die über ihrem fairen Wert notierten, reine Spekulation und kein Investment. Neben der Unterbewertung achtete er beim Kauf auch darauf, dass die Unternehmen profitabel und gut geführt waren und ein langfristiges Potenzial versprachen.

Templeton Anlagestrategie

Die Grafik zeigt, welchen Aktienanteil John Templeton in Abhängigkeit von der Unter- bzw. Überbewertung des Dow Jones Industrial Index relativ zu seiner normalen Bewertungsspanne anstrebte


Value Investing – langfristige Sicherheit über kurzfristige Rendite

Trotz der langfristig extrem erfolgreichen Anlagestrategie gab es aber auch bei Templetons Ansatz – wie bei jeder Strategie – gewisse Schwächen. Oft zeigten sich diese in Zeiten stark steigender Bullenmärkte, in denen seine defensiven Ansätze hinter den großen Kursgewinnen der heißesten Aktien zurückblieben. Die Outperformance des Fonds wurde dementsprechend während Crashs und Bärenmärkten erzielt, indem teils deutlich geringere Verluste als am breiten Markt oder sogar Zugewinne verzeichnet wurden. Das verdeutlicht, dass es für den Anlageerfolg ebenso darum geht, Verluste zu vermeiden und das Erreichte zu bewahren, wie darum, Gewinne zu erzielen.


Zitat 2 John Templeton

Eine wichtige Grundlage für den Anlageerfolg von John Templeton waren wohl auch seine religiösen Überzeugungen. Er glaubte, „vorübergehender Verwalter“ von Gottes Reichtum zu sein und diesen mit großer Sorgfalt behüten zu müssen. Auch seine Überzeugung, dass spiritueller Reichtum wichtiger ist als monetärer Reichtum, dürfte ihm dabei geholfen haben, in Markteinbrüchen die Ruhe zu bewahren. So konnte er echte Gelegenheiten erkennen, während die Märkte bebten und viele Anleger von Ängsten und Zweifeln gelähmt waren.


Die Templeton Foundation


In den späten 1960er Jahren zog der gebürtige US-Amerikaner auf die Bahamas, wo er die britische Staatsbürgerschaft annahm. 1972 initiierte er sein umfassendes wohltätiges Engagement, indem er den Templeton-Preis stiftete. Bis heute werden damit Personen geehrt, deren Forschung dazu beiträgt, die „tiefsten Fragen des Universums und den Platz und Zweck der Menschheit darin zu erforschen“. 1987 gründete er die Templeton-Stiftung und wurde von der britischen Königin Elisabeth II. für seine zahlreichen philanthropischen Verdienste zum Ritter geschlagen. 1992 verkaufte er die Templeton-Fondsfamilie an die Franklin-Gruppe. Zu dieser Zeit war das verwaltete Vermögen auf 21,3 Mrd. Dollar angewachsen. Im Jahr 2011 verfügte allein die Familie der Schwellenländerfonds, die Templeton 1987 aufgelegt hatte, über ein verwaltetes Vermögen von 40 Mrd.

Dollar. Kurz vor seinem Tod erschien im Februar 2008 das von seiner Tochter und einem Portfoliomanager verfasste Buch „Investing the Templeton Way: The Market-Beating Strategies of Value Investing's Legendary Bargain Hunter“. Die Bücher von John Templeton selbst befassten sich dagegen überwiegend mit spirituellen Themen, denen er einen großen Teil seines späten Lebens widmete.

Doch auch bis ins hohe Alter blieb sein Interesse für die Märkte erhalten. 2005 schrieb er ein Memorandum, in dem er vorhersagte, dass innerhalb von fünf Jahren ein finanzielles Chaos in der Welt herrschen würde, wobei er einen Zusammenbruch des Immobilienmarktes und einen Rückgang der Renditen von Staatsanleihen auf nahezu Null voraussah. Die Prognose war zwar drei Jahre zu früh, aber sollte sich letztlich bewahrheiten. Den großen Crash erlebte John Templeton aber nicht mehr mit. Er starb im Juli 2008 im Alter von 95 Jahren.


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