Indikatoren gehören zum Rüstzeug der Technischen Analyse. Trader sollten vor allem untersuchen, ob diese synchron mit dem Kurs laufen oder nicht. Denn wenn Divergenzen auftreten, können sie wertvolle Einstiegssignale generieren. Die Berechnung von Indikatoren erfolgt aus dem Kursverlauf des jeweiligen Wertes. Durch das Einbeziehen vergangener Notierungen entsteht eine gewisse Verzögerung. Deshalb laufen die meisten Indikatoren den Kursen hinterher. Nur sehr wenige Indikatoren haben Eigenschaften, die man als führend bezeichnen kann. Eine davon ist die sogenannte Divergenz.
Divergenzen treten auf, wenn der Verlauf des Kurses und des Indikators unterschiedliche Richtungen einnehmen. Divergenzen lassen sich vor allem bei Oszillatoren wie dem Relative-Stärke-Indikator (RSI), Moving Average Convergence/Divergence (MACD)*, Commodity Channel Index (CCI) und Stochastic beobachten. In der Tat geben diese Indikatoren ihre besten Signale, wenn sie vom Kurs abweichen und somit Divergenzen aufbauen.
Am häufigsten zu beobachten ist die klassische oder normale Divergenz, die ein Umkehrmuster darstellt. Diese ist eine Abweichung zwischen Kurs und Indikator, die einen kurzfristigen oder mittelfristigen Trendwechsel ankündigen kann. Zwei Punkte sind essenziell zur Definition einer klassischen Divergenz:
Die klassische Divergenz zeigt somit an, dass das der Bewegung zugrunde liegende Momentum nachlassen und ein Hoch oder Tief bevorstehen könnte. Die klassische Divergenz lässt sich allerdings nochmals in drei Arten unterscheiden.
Divergenzen der Klasse A sind die aussagekräftigsten und führen zu den besten Handelssignalen. Sie zeigen normalerweise eine scharfe und nachhaltige Trendwende an. Die Definition lautet folgendermaßen:
Bild 1 zeigt eine schematische Darstellung einer bärischen und bullischen Divergenz der Klasse A. Im oberen Teil des Bildes sind die entsprechenden Kursverläufe und im unteren Teil der Verlauf des dazugehörigen Oszillators zu sehen.
Obwohl diese Divergenzart mit genügend Momentum entsteht, ist es ratsam, sie durch einen anderen Indikator bestätigen zu lassen, bevor man sie als Trigger für einen Einstieg nutzt. Es ist eine schwächere Art einer Divergenz, die eine sukzessive Trendwende signalisiert.
In Bild 2 ist die schematische Darstellung der beiden Divergenzen der Klasse B abgebildet. Diese eignen sich nur bedingt als Vorlage für ein Trading Setup.
Die Divergenz der Klasse C ist die schwächste Art dieses Signals, die vor allem in unruhigen Marktphasen zu beobachten ist. Sie eignet sich nicht als Basis für Trading Setups. Um diese Divergenzart sicher ausschließen zu können, sollten Sie dennoch wissen, wie sie definiert wird.
Bild 3: Diese Divergenzart liefert die schwächsten Signale und sollte deshalb nicht für ein Trading Setup verwendet werden. Der Indikator zeigt einen Doppelboden oder ein Doppeltop. Das deutet darauf hin, dass der zugunde liegende Momentumverlust nicht hoch ist.
Eine effektive Variante ist die versteckte Divergenz. Sie stellt auch eine Abweichung zwischen Kurs und Indikator dar, ist allerdings ein Fortsetzungsmuster. Sie definiert sich wie folgt:
In Bild 4 sehen Sie ein Beispiel für eine bullische versteckte Divergenz. Die Visa-Aktie hat diese zwischen Herbst 2015 und Anfang 2016 aufgebaut und danach den Aufwärtstrend über Monate hinweg fortgesetzt.
Bild 4: Die Visa-Aktie lieferte ein gutes Beispiel für eine versteckte bullische Divergenz. Im Februar 2016 markierte der Kurs das dafür nötige höhere Tief, während der MACD ein tieferes Tief ausbildete. Der Unterschied zur Klasse-A-Divergenz: Hier müsste der Kurs ein tieferes Tief und der Indikator ein höheres Tief ausbilden.
Um Divergenzen zu handeln, benötigen Trader ein konkretes Einstiegsszenario und Risiko-Management sowie einen festgelegten Ausstieg. Sie sollten also rund um das Setup einer klassischen Divergenz einen Trading-Plan aufbauen und diesen dann konsequent nachhandeln.
Der Haken ist, dass man nur nach einer Bestätigung handeln sollte. Bei diesem Setup könnte es auch sein, dass es sich zunächst nur um einen kleinen Rückschlag innerhalb eines bestehenden Trends handelt. Es könnte eine Reihe von Divergenzen entstehen, bevor die Wende dann wirklich kommt. Doch das würde nur bedeuten, dass der Kurs Luft für den Umschwung holt. Daher sollten Sie beim Einstiegs-Trigger einen weiteren Indikator hinzuziehen: die Bollinger-Bänder*. Mit diesen können Sie die Volatilität beurteilen. Das ist wichtig, da der Divergenz eine Veränderung der Volatilität vorausgeht. In ihrer Grundform liefern die Bollinger-Bänder eine Aussage darüber, ob der Kurs überkauft oder überverkauft ist. Das macht sie für die Vorhersage des Trendwechsels ideal.
Die Bollinger-Band-Divergenz entsteht, wenn der Kurs ein Umkehrmuster bildet und die Bollinger-Bänder eine Unterstützung oder einen Widerstand bieten, nachdem sich eine klassische Divergenz gebildet hat. Konkret liegt eine bullische Bollinger-Band-Divergenz vor, wenn sich eine klassische Divergenz gebildet hat, eine Umkehrkerze außerhalb des unteren Bands vorliegt und die folgende Kerze dann wieder innerhalb des Bands schließt. Das untere Band wird dadurch zur Unterstützung des Kurses. Das passiert am kritischen Punkt des Momentumwechsels und ist deshalb der Bestätigungsfaktor, den wir suchen. Wenn also eine normale Divergenz am Oszillator identifiziert wurde, suchen wir als Bestätigung nach einer Divergenz bei den Bollinger-Bändern.
Die Regeln für eine bullische Divergenz sind also wie folgt (für eine bärische Divergenz umgekehrt):
Bild 5 zeigt ein Beispiel für eine klassische Divergenz am Bollinger-Band. Am 10. Februar 2016 markierte die Commerzbank-Aktie nach steilem Absturz ein vorläufiges Tief – ebenso der MACD. Nach einer mühsamen Gegenbewegung markierte die Aktie Anfang Juli desselben Jahres ein neues tieferes Tief – der MACD allerdings ein höheres. Es hat nochmal fast einen ganzen Monat gedauert, bis die Bestätigung des Trendwechsels mit dem Ausbruch nach unten aus den Bollinger-Bändern und der zügigen Rückkehr in diese kam. Nach dieser Strategie hätte man am 05. August zum Schlusskurs von 5,40 Euro einsteigen können, mit Initial-Stoppkurs bei 5,10 Euro (da das Tief beim Durchbruch durch das untere Band bei 5,16 Euro lag). Für den Ausstieg wurden im Setup zwei Varianten genannt. Die erste träte in Kraft beim Erreichen des oberen Bands. Dieses Ziel hatte die Commerzbank-Aktie am 31. August 2016 bei einem Schlusskurs von 6,31 Euro erreicht. Der Gewinn hätte in diesem Szenario – bei einem Initial-Risiko von 5,6 Prozent – 16,9 Prozent betragen.
Die zweite Variante wäre ein Ausstieg bei Bildung einer bärischen Divergenz. Dies war viel später, am 26. Januar 2017, der Fall, als der Kurs ein höheres Hoch und der MACD ein tieferes Hoch ausbildete. Der Ausstieg zum Schlusskurs wäre hier bei 8,33 Euro erfolgt und der Gewinn mit 54,3 Prozent viel höher gewesen. Doch Sie hätten in dieser Zeit massive Schwankungen erdulden müssen. Nachdem das Kursziel aus Variante eins erreicht war, lief die Position sogar erst wieder leicht ins Minus – aber nicht unter den Initial-Stoppkurs –, um dann wieder stark ins Plus zu gehen. So viel Volatilität muss man erst mal aushalten. Zudem wäre das Kapital auch viel länger gebunden gewesen. Welche Variante Sie für den Exit wählen, hängt also davon ab, welcher Trader-Typ Sie sind.
Bild 5: Die Commerzbank hatte Anfang August 2016 die Bedingungen für das Trading Setup zum Handeln einer bullischen Divergenz der Klasse A geliefert: Der Kurs bildete ein tieferes Tief, der MACD allerdings ein höheres. Einen Monat später brach der Kurs aus dem unteren Bollinger-Band aus und lief schnell wieder zurück – unser Einstiegssignal (grüne Linie). Der Trading-Plan gab zwei verschiedene Exit-Strategien vor, die zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen, aber auch zu sehr unterschiedlichen Volatilitäten geführt hätten.
Im Fall einer bullischen versteckten Divergenz definieren wir zuerst die beiden Divergenzkerzen (die Umkehrkerzen des höheren Tiefs), die die tieferen Tiefs des Oszillators bewirken. Wir platzieren unsere Einstiegsorder über dem Hoch der zweiten Umkehrkerze (die zweite Kerze, die das höhere Hoch hat) und unseren Stopp unter dem Tief derselben Kerze. Wir verlassen den Trade, wenn die Stochastik das Überkauftniveau erreicht hat und die Stochastiklinien sich in Abwärtsrichtung gekreuzt haben. Bei einer bärischen versteckten Divergenz funktionieren die Regeln umgekehrt.
Ein Beispiel für eine versteckte Divergenz lieferte die Apple-Aktie (Bild 6). Im September 2016 markierte sie ein Zwischentief. Danach stieg der Kurs steil an und markierte nach der darauffolgenden Konsolidierung am 14. November 2016 ein neues Zwischentief, das höher lag als das erste. Gleichzeitig markierte der MACD am 14. November ein neues Zwischentief, das aber tiefer als das Tief aus dem September lag: eine versteckte Divergenz.
Bild 6: Apple lieferte Ende 2016 ein gutes Beispiel für die bullische Version einer versteckten Divergenz: Der Kurs bildete ein höheres Tief, während der MACD ein tieferes Tief markierte. Das Überwinden des Tageshochs vom 14. November war unser Long-Signal. Für den Ausstieg verwendeten wir den Slow-Stochastik, als er im überkauften Bereich drehte und sich die Stochastik-Linien kreuzten.
Entsprechend gab es am 16. November nach Überwinden des Tageshochs vom 14. November bei 107,81 US-Dollar ein Long-Signal. Der Initial-Stopp hätte laut Trading-Plan bei 104,05 US-Dollar gelegen und damit unter dem Tagestief am 14. November von 104,08 US-Dollar. Es empfiehlt sich, immer einige Cent unter das Tief zu gehen, um unnötiges Ausgestopptwerden zu vermeiden, falls der Kurs beim Test des Levels minimal darunter fällt. Laut Setup folgte der Ausstieg, als der Slow-Stochastik-Indikator im überkauften Bereich drehte und sich die Stochastiklinien kreuzten. Das wäre in diesem Beispiel am 22. November 2016 der Fall gewesen. Der Exit hätte an diesem Tag zum Schlusskurs bei 111,80 US-Dollar erfolgen können.
Strategie Snapshot
Sowohl normale als auch versteckte Divergenzen kommen in allen Zeitrahmen recht häufig vor. Das Ziel war es, eine Strategie zu entwerfen, die alle Aspekte eines Trades umfasst und damit keinen Raum für Emotionen lässt. Dafür müssen Trader die Geduld aufbringen, auf das Entstehen eines Divergenzmusters zu warten – und die Disziplin, Trades nur bei Divergenz-Setups einzugehen.
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