Eine Strategie für Optionen auf Aktien.

Trading mit Optionen – Rundreise durch die Welt der Optionen

Sie sind Trader oder möchten es werden? Vielleicht handeln Sie bereits Aktien oder Währungen? Vielleicht sind Sie damit erfolgreich oder vielleicht auch (noch) nicht? Es spielt keine Rolle, ob Sie ganz am Anfang Ihrer Trader-Karriere stehen oder seit Jahren erfolgreich in den Märkten unterwegs sind, ob Sie Geld mit Ihren Trading-Strategien verdienen oder noch „Lehrgeld“ bezahlen. In jedem Fall sollten Sie sich mit dem Thema Optionen beschäftigen.


In diesem Artikel
Standardisierte Optionen
Implizite Volatilität bei Optionen
Stillhalter-Trades
Covered Call writing
Risiko- und Money-Management
Fazit

Ein Universum voller profitabler Möglichkeiten

Wir möchten Ihnen in diesem Artikel zeigen, warum das unbedingt Sinn macht, welchen systematischen Vorteil Optionen bieten und wie Sie sich am besten diesem zugegebenermaßen nicht ganz einfachen Thema nähern.

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Referenz Birger Schäfermeier.

Standardisierte Optionen und Optionsscheine

Zunächst einmal müssen wir sicherstellen, dass wir über das Gleiche sprechen. Optionen sind keine Optionsscheine, Zertifikate oder ähnliche Produkte, die ein Emittent (meist eine Bank) herausgibt. Es handelt sich um börsengehandelte standardisierte Produkte, bei denen Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Außerdem unterliegen Optionen nicht dem Insolvenzrisiko des Emittenten!

Wer sich das erste Mal mit dem Thema Optionen beschäftigt, erliegt schnell der Versuchung, diese zu kaufen. Das Chance/Risiko-Verhältnis klingt verlockend: Der Käufer einer Option hat ein Risiko, das auf seine anfängliche Prämienausgabe begrenzt ist, und eine Chance, die theoretisch unbegrenzt ist (zumindest bei Call-Optionen).

Der Verkäufer einer Option hat das entgegengesetzte Chance/Risiko-Profil: Er kann viel Geld verlieren und sein Gewinn ist auf die Prämieneinnahme begrenzt. Könnte es trotzdem sein, dass diese sogenannte Stillhalterposition die bessere Wahl ist?

Denken Sie beispielsweise an eine Versicherungsgesellschaft. Macht diese nicht genau das Gleiche? Der Gewinn einer Versicherung ist ebenfalls auf die eingenommenen Prämien begrenzt und ihr Risiko (im Schadensfall) theoretisch unbegrenzt. Oder ein Spielcasino: Die (kleinen) Einsätze der Spieler stehen auf der Einnahmenseite, ein nicht quantifizierbares Risiko auf der Ausgabenseite. Warum verdienen Versicherungen und Spielcasinos dennoch Geld? Die Antwort ist simpel: weil die Prämien (bei Versicherungen) beziehungsweise Einsätze (bei Casinos) im Verhältnis zu den aller Wahrscheinlichkeit nach anzunehmenden Auszahlungen eigentlich zu hoch sind.

Implizite und historische Volatilität bei Optionen

Erfreulicherweise kann man messen, ob das bei Optionen auch so ist. Wir können beispielsweise die implizite Volatilität der Optionen mit der historischen Volatilität des jeweiligen Basiswertes (auch Underlying genannt) vergleichen. Die implizite Volatilität lässt sich aus den Optionspreisen ermitteln und gibt an, welche (zukünftige) Schwankungsbreite des Underlyings in den Optionsprämien eingepreist ist. Wenn wir diese nun mit der tatsächlichen Schwankung des Basiswertes (also der historischen Volatilität) vergleichen, können wir ablesen, ob die in den Optionspreisen enthaltene Schätzung der zukünftigen Volatilität meistens zutrifft oder ob die Volatilität eher unter- oder überschätzt wird.

Der Autor hat diese Untersuchung in einem Zeitraum von rund sieben Jahren für den marktbreiten amerikanischen Aktienindex Russell 2000 durchgeführt und den ermittelten Schätzfehler (in Prozent) in einem sogenannten Histogramm dargestellt (Bild 1). Zu erwarten wäre gewesen, dass der Schätzfehler im Mittel etwa null Prozent betragen sollte und wir häufig einen kleinen Schätzfehler (in beide Richtungen) beobachten. Größere Schätzfehler sollten selten auftreten und sich wie die kleineren Schätzfehler ebenfalls im Durchschnitt ausgleichen. Das tatsächliche Ergebnis sah jedoch komplett anders aus.

Bild 1: Implizite versus historische Volatilität

Implizite versus historische Volatilität.

Dargestellt sind die tatsächlich gemessenen Schätzfehler für den Russell 2000 Index von Januar 2008 bis Februar 2016 (senkrechte Balken). So wurde beispielsweise an 160 Tagen im Untersuchungszeitraum ein Schätzfehler von 6,5 bis 7,5 Prozent beobachtet (oberer Pfeil). Mit anderen Worten: Die tatsächlich gemessene Volatilität des Underlyings wurde von den Optionspreisen überschätzt, die Optionen waren zu teuer! Legt man die Normalverteilung über das Bild (blaue Glockenkurve), wird deutlich, welche Häufigkeit und Verteilung der Schätzfehler bei „effizienten“, angemessenen Optionspreisen zu erwarten gewesen wären.

Beachten Sie jedoch die kleinen Balken im Bereich von minus 50 bis minus 15 Prozent. Hier hatten die Optionspreise die tatsächliche Volatilität dramatisch UNTERschätzt. Das ist zwar verhältnismäßig selten vorgekommen, aber so ein „Black-Swan-Event“ hat schon manchen Stillhalter viel Geld gekostet. Statistiker nennen diese Auswüchse am Rande der Glockenkurve auch „Tail Risk“. Neben den richtigen Strategien ist deshalb für Stillhalter ein adäquates Risiko-Management der Schlüssel zum Erfolg. Dazu später mehr. Diese Untersuchung lässt sich für beliebige Zeiträume und Märkte wiederholen. Das Ergebnis wird ähnlich aussehen. Die implizite Volatilität der Optionspreise und damit die Optionspreise selbst sind eigentlich zu hoch. Der Verkäufer wird für das übernommene Risiko grundsätzlich zu gut entschädigt. Und das ist der Grund, warum Sie mit den richtigen Stillhalterstrategien – unter Beachtung von Risiko-Management-Regeln – ebenso wie die Versicherungsgesellschaft oder auch das Casino auf Dauer Gewinn machen werden.

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Beispiele für Stillhalter-Trades

Neben diesem systematischen Vorteil gegenüber dem Markt hat der Stillhalter noch einen entscheidenden Vorteil. Er kann eine Marktmeinung haben – er braucht aber keine, um erfolgreich zu sein. Schauen wir uns beispielsweise die Position eines Stillhalters an, der über einen Zeitraum von einem Jahr Monat für Monat Calls auf Google, die etwa zehn Prozent aus dem Geld waren (also Basispreis zehn Prozent über dem jeweils aktuellen Kurs), verkauft hat. In Bild 2 ist dargestellt, wie erfolgreich diese Strategie gewesen wäre. Optionskontrakte, die wertlos verfallen wären, sind mit einem grünen Haken gekennzeichnet. Wie man sieht, wäre der Stillhalter also in zehn von zwölf Fällen erfolgreich gewesen, hätte die vereinnahmte Prämie behalten dürfen und nur in zwei Fällen etwas auszahlen müssen.

Bild 2: Monatlicher Short Call auf Alphabet (Google)

Beispiele Stillhalter-Trades: monatlich Call Optionen verkaufen.

Jeden Monat wurden Calls verkauft, die jeweils etwa zehn Prozent aus dem Geld lagen (horizontale Linien). Nur in zwei von zwölf Fällen sind die Optionen ins Geld gelaufen. Der Stillhalter hat also überwiegend die Prämie behalten dürfen – und das, obwohl die Aktie im Jahresverlauf um rund 30 Prozent gestiegen ist.

Bild 3: Einfaches MACD-System für den Optionshandel

Einfache MACD Strategie für den Optionshandel.

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Dargestellt ist der S&P 500 mit Wochenkerzen und darauf basierend der MACD-Indikator in Standardeinstellung. Sobald dieser ein bullisches Signal kreiert (die beweglichere blaue Linie kreuzt von unten die violett gestrichelte Signallinie), kann ein Prämien-Trade eröffnet werden (siehe Pfeile). Konkret ist damit eine neutrale bis bullische Stillhalterposition auf der Unterseite mit positivem Delta gemeint.

Interessant ist, dass es immer wieder Fälle gibt, bei denen der Stillhalter gewinnt, aber – was die Marktentwicklung betrifft – eigentlich falsch liegt. Ein Beispiel ist der Oktober 2015 (gekennzeichnet durch den Pfeil). Hier ist die Aktie per Saldo gestiegen, also sollte man annehmen, dass der Käufer eines Calls Geld verdient. Das Gegenteil war der Fall: Der Stillhalter hat verdient und der Käufer seine gesamte Prämie verloren, obwohl er mit seiner Marktmeinung (steigender Aktienkurs) richtig lag. So etwas kommt immer wieder vor und stellt einen entscheidenden Vorteil des Stillhalters gegenüber dem Aktionär dar. Der Stillhalter verdient Geld, wenn der Markt sich in die „richtige“ Richtung bewegt. Er verdient ebenfalls Geld, wenn der Markt seitwärts tendiert. Und er kann sogar Geld verdienen, wenn der Markt moderat in die „falsche“ Richtung geht!

Hier entstehen Synergien. Jeder, der sich schon einmal intensiver mit Indikatoren befasst hat, weiß, dass diese eine Aussagekraft haben, für dezidierte Richtungs-Trades die Erfolgsquote jedoch oft begrenzt ist. Wenden wir nun solch einen Indikator auf einen Stillhalter-Trade an. Reicht als Signal-Aussagekraft eines bullischen MACD-Signals (Moving Average Convergence/ Divergence)* beispielsweise schon die Diagnose „nicht bärisch“, um Profit zu machen, so ist das ein Quantensprung gegenüber klassischen Long- und Short Trades.

Der Autor Olaf Lieser wendet dies erfolgreich für seine Stillhalter-Trades in den E-Mini S&P 500 Futures-Optionen an: Wenn das MACD-Signal im Wochen-Chart auf bullisch schaltet, verkauft er Put-Optionen oder weite Put-Spreads auf diesen Future (Laufzeit mindestens acht Wochen, Delta des Short Strikes etwa 20 Prozent). Denn die Tatsache, dass der Markt dann mit großer Wahrscheinlichkeit für die nächsten Wochen nicht unter die jüngsten Tiefs fällt, ist ausreichend als Richtungsbestimmung. Gewinne fallen schon durch das Verstreichen von Zeit an. Die Aufgabe lautet dann nicht mehr: „Schätze ein, wo der Markt hingeht“, sondern nur: „Schätze ein, wo er nicht mehr hingeht“. Das ist ein entscheidender Unterschied, weil die zweite Frage viel leichter zu beantworten ist.

„Zusatzdividende“ mit Covered Call Options Writing

Die Strategie mit den verkauften Calls, wie sie im Beispiel Alphabet aufgeführt wurde, kann man weiterführen. Hat man die Aktie im Depot (zum Beispiel 100 Stück), kann man dies mit der „Short-Call“-Strategie kombinieren. Es kommt dabei die wohl bekannteste Art des Optionenschreibens heraus: das Covered Call Writing.

Hier eine einfache Beispielregel für das Aufsetzen solch einer Strategie mit einem Lot (100 Stück) Aktien im Depot, wie sie der Autor Olaf Lieser seit Jahren erfolgreich handelt: Der Trendkanal des Aktienkurses sei leicht aufwärtsgerichtet. Wenn die Aktie sich an ihrer oberen Begrenzung befindet, wird ein Call verkauft mit einer Restlaufzeit von rund acht Wochen und dem Basispreis (auch Strike genannt) knapp über dem Trendkanal. Voraussetzung: Man kann ein Prozent des Aktienpreises als Optionsprämie einnehmen. Diese Option kauft man zurück, wenn zwei Drittel des Wertverfalls erreicht wurden, was dann als Gewinn vereinnahmt wird. Geht der Call stattdessen ins Geld (deutlich steigende Aktie), rollen wir in einen späteren Verfall und wenn möglich höheren Strike, allerdings ohne Geld nachzuschießen. Das heißt: Der neu verkaufte Call soll mindestens so viel Geld einbringen, wie zum Zurückkaufen des alten nötig war. Alternative: Die Aktien zum Verfall ausbuchen lassen, wenn der Call im Geld ist. Wenn sich die Marktmeinung für die Aktie generell auf bärisch ändert, Aktie und Option glattstellen. Auf diese Art und Weise verdient man sich quasi eine „Zusatzdividende“ für seine Aktienpositionen hinzu.

Bild 4: Schiefe der impliziten volatilität

Die Implizieten Volatilität von Options.

Dargestellt ist die Verteilung der impliziten Volatilität des SPY (ETF auf den S&P 500) für den Monatsverfall Juni 2016 mit Daten per 22. April 2016. Der aktuelle Basiswertpreis befindet sich an der gestrichelten Linie. Die links davon dargestellten Strikes unterhalb des Marktpreises – also die Put-Optionen – sind erheblich teurer als die rechts dargestellten Call-Strikes.

Options-Trades als Ersatz für Aktien-Richtungs-Trades

Kennt man die Options-Marktstruktur, kann man diese für sich ausnutzen. Der Markt preist Bewegungen in den Aktienindizes – und auch etlichen Aktien – nach unten und oben unterschiedlich. Crash-Bewegungen des Marktes verlaufen typischerweise schneller als Aufwärtsbewegungen. Des Weiteren gibt es eine „Sonderkonjunktur“ für Index-Puts, da viele Leute (Privatanleger und Professionelle), die sonst mit Optionen nichts am Hut haben, Puts in der Absicht kaufen, ihre Portfolios abzusichern. Aus diesen Gründen sind Index- und viele Aktienoptionen mit Strikes unterhalb des Marktniveaus im Vergleich zu den Strikes über dem Markt besonders teuer – und das zu allen Zeiten, nicht nur in einer Korrektur. Die ungleiche Preisverteilung (erkennbar an den unterschiedlichen impliziten Volatilitäten) nennt man „Skew“, zu Deutsch Schiefe.

Dies kann man mit einer Struktur wie dem Risk Reversal ausnutzen und so unter anderem das Chance/Risiko-Verhältnis (CRV)* eines Swing Trades gegenüber einem klassischen Long Trade deutlich verbessern – bei ansonsten voller Teilnahme an Gewinn und Verlust des Basiswertes. Besprochen wurde dies in TRADERS´ 08/2015 (im Shop unter www.traders-media.de erhältlich).

Wahrscheinlichkeit und Erwartungswert

Wie Sie schon bemerkt haben, dreht sich beim Optionshandel alles um Wahrscheinlichkeiten. Dabei versucht der Options-Trader, sich durch die geschickte Auswahl seines Handelssystems und durch geeignete Optionswerkzeuge auf der richtigen Seite der Verteilung zu positionieren. Der Händler baut also schon vor dem ersten Trade einen statistischen Vorteil in seine Handelsmethode ein. Neudeutsch formuliert tradet er „mit Edge“ und hat somit einen positiven Erwartungswert. Dieser Erwartungswert eines Ansatzes lässt sich durch detaillierte Rückrechnungen (auch „Backtesting“ genannt) bestimmen. Führt der Händler systematisch eine größere Anzahl von Trades mit positivem Erwartungswert durch, wird er im Durchschnitt aller Trades ein positives Ergebnis erzielen.

Das Problem bei gekauften Call- und Put-Optionen ist der Zeitwertverlust, der uns jeden Tag etwas von unserem eingesetzten Kapital wegknabbert, auch wenn sich der Basiswert überhaupt nicht von der Stelle bewegt. Daher haben Strategien mit gekauften Optionen (Long Call und Long Put) im Allgemeinen keinen positiven Erwartungswert.

Risiko- und Money-Management

Wichtig ist wie bei jeder Art von Trading, dass man das Risiko der eingegangenen Positionen kennt und dass ein möglicher Verlust zur eigenen Kontogröße passt. Risikound Money-Management ist Pflicht. Generell ist das Risiko bei „nackt“ verkauften Kontrakten am höchsten und entspricht in etwa dem des Basiswertes – was bei starken Bewegungen zum Tragen kommt. Viele Strategien mit Optionen bestehen aus einer Kombination von Kontrakten und haben eine „eingebaute“ Verlustbegrenzung. Ist dies jedoch nicht der Fall, so sind auch hier Regeln zur manuellen Begrenzung eines Verlustes vonnöten. Bei der Bestimmung der Positionsgrößen sind die maximal akzeptablen Verluste von vornherein zu berücksichtigen. Eine bewährte Regel für Stillhalterpositionen ist dabei, glattzustellen, wenn die Kontrakte um einen vorher festgelegten Wert zwischen 100 und 200 Prozent der eingenommenen Prämie zugelegt haben. Der pro Trade maximal riskierte Verlust sollte einen niedrigen einstelligen Prozentwert der Kontogröße nicht überschreiten. Beachten Sie dabei Klumpenrisiken in Ihren Positionen. Stark positiv korrelierte Basiswerte sind dabei als eine Position anzusehen.

Fazit

Optionen-Trading ist ein Handwerk, das man erlernen muss. Wenn Sie es beherrschen, können Sie sich damit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Gute Strategien mit Optionen nutzen die Marktstruktur aus und erlauben bei richtiger Anwendung mehr Toleranz bei der Marktmeinung oder eine effizientere Umsetzung Ihrer Trades. Die meisten Strategien mit Optionen leben von der Kombination von Kontrakten oder dem Hinzuziehen von Aktien im Depot. Beachten Sie aber, dass Basiswerte mit liquiden Optionen vorzuziehen sind. Wenn Sie Ihre Hausaufgaben machen und das Handwerk lernen, haben Sie gute Möglichkeiten, Ihren Trading-Erfolg nachhaltig zu steigern. Wir danken dem Traders' Magazine für seine Mitarbeit.


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